Immobilienwirtschaft Ziel für Wohnungsbau nur zur Hälfte umsetzbar
Zur Bekämpfung der Wohnungsnot will die Bundesregierung 400.000 Wohnungen pro Jahr bauen. Das wird laut Immobilienwirtschaft nicht ansatzweise gelingen. Sie hält nur noch die Hälfte für machbar.
400.000 neue Wohnungen sind pro Jahr aus Sicht der Bundesregierung nötig, um den angespannten Wohnungsmarkt in Deutschland zu beruhigen und den Bedarf zu decken. Die Branche hält jedoch mittlerweile nur nur noch die Hälfte davon für realistisch. "Unter den aktuellen politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen können die sozial orientierten Wohnungsunternehmen nicht mehr in bezahlbaren Wohnungsbau investieren", sagte der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko.
Statt des Regierungsziels von 400.000 neuen Wohnungen müsse deshalb mit immer weiter abnehmenden Wohnungsbauzahlen bis zu einer Fertigstellungszahl von nur 200.000 neuen Wohnungen jährlich gerechnet werden. Gründe seien die höheren Zinsen, die Inflation, Langfrist-Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie strenge politische Vorgaben für mehr Klimaschutz.
Wohnungsbauzahlen nehmen immer weiter ab
Besonders negativ wirken sich aus Sicht des GdW außerdem die höheren Baupreise aus. "Im ersten Quartal 2023 lag die Baupreissteigerung bei Wohngebäuden bei 15,3 Prozent im Vorjahresvergleich, während die allgemeine Preisentwicklung im selben Zeitraum nur bei 8,7 Prozent lag", teilte der Verband mit. Es drohe eine nie dagewesene Krise. Für angespannte Wohnungsmärkte prognostiziert der GdW auf Basis einer Modellrechnung Kostensteigerungen von 38 Prozent zwischen Mitte 2021 und Ende dieses Jahres.
Auch deshalb werde die Zahl der neuen Wohnungen in diesem Jahr auf etwas mehr als 240.000 Einheiten sinken und im kommenden Jahr auf 214.000. Die Regierung müsse alles dafür tun, die Energiekosten bezahlbar zu halten, so der Verband. Preissteigerungen träfen ärmere Bevölkerungsschichten sonst als erstes.
Tatsächlich ist in Deutschland etwa jeder dritte Miethaushalt bei den Wohnkosten überlastet. So zahlen mehr als drei Millionen Haushalte für Kaltmiete und Heizkosten mehr als 40 Prozent ihres Nettoeinkommens, wie aus einer vom Deutschen Mieterbund (DMB) jüngst vorgestellten Studie hervorgeht. Bei weiteren rund 4,3 Millionen Haushalten machten diese Kosten zwischen 30 und 40 Prozent des Einkommens aus.
Ziel bereits 2022 deutlich verfehlt
2022 wurden bundesweit laut Statistischem Bundesamt immerhin noch 295.300 Wohnungen fertiggestellt. Das waren 0,6 Prozent mehr als im Jahr davor. Das Ziel der Bundesregierung ist damit dennoch deutlich verfehlt worden. Die Ampelkoalition will, dass jährlich 400.000 Wohnungen gebaut werden, davon 100.000 sozial geförderte.
Zum ersten Mal gebe es "seit langer Zeit große Investitionen in den sozialen Wohnungsbau", hatte Bundesbauministerin Klara Geywitz noch im April gesagt. Dieser werde mit der Rekordsumme von 14,5 Milliarden Euro bis 2026 gefördert. Gemeinsam mit Mitteln aus den Ländern könnten konservativ geschätzt 36 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau investiert werden, so Geywitz.
Doch auch das Niveau von 2020 von 306.400 Wohnungen wurde im vergangenen Jahr dem Statistischen Bundesamt zufolge nicht erreicht. Denn trotz der Nachfrage nach Wohnraum sind die Genehmigungszahlen im Sinkflug. Wegen stark gestiegener Kreditzinsen und hoher Baupreise halten sich viele Bauherren mit Projekten zurück oder stornieren sie. 2022 stockten zudem viele Vorhaben wegen fehlender Fachkräfte und Lieferengpässen bei Baumaterialien.