Klimakonferenz in Bonn Der Streit ums Geld geht weiter
Die Klimakonferenz in Bonn hatte ein klares Ziel: Es sollte ein Finanzierungsplan für die Weltklimakonferenz Ende des Jahres ausgearbeitet werden. Aber zum Abschluss der Konferenz ist der Erfolg eher überschaubar.
Viele sagen, es sei doch nur eine Zwischen- und Vorbereitungskonferenz. Doch ohne Vorbereitungen auf Referenten-, Diplomaten- und Wissenschaftlerebene ist die große Weltklimakonferenz, die im November dieses Jahr in Aserbaidschan stattfindet, nicht verhandlungsfähig. Und so hat sich die Welt der Klimapolitik und -lobbyisten in den vergangen zwei Wochen in Bonn getroffen.
Und in den Nebenräumen und Hinterzimmern ging es manchmal auch zur Sache. In diesem Jahr vor allem um das wohl Streitbarste: das Geld. Denn es braucht ab 2025 einen neuen Klimafinanzierungsplan. Gelder, um Klimaschäden weltweit und auch im Globalen Süden die notwendige Energiewende zu finanzieren.
Höhere Kosten für Klimaschutz erwartet
Notwendig, zumindest dann, wenn man noch an den festgelegten Zielen im Pariser Klimaabkommen festhalten möchte. "Wir müssen ernsthafte Fortschritte bei der Finanzierung erzielen - dem wichtigsten Motor für Klimaschutzmaßnahmen", betonte Simon Still, UN-Exekutivsekretär für Klimawandel, in seiner Eröffnungsrede vergangene Woche Montag.
Eine große Herausforderung, denn viele Klimaschutzexpertinnen und -experten gehen von weit höheren Kosten aus als bisher vereinbart. Die Länder haben sich im Pariser Klimaschutzabkommen darauf verständigt, mindestens 100 Milliarden Dollar pro Jahr zu bereitzustellen. Aber eigentlich müsste dieses Ziel deutlich höher sein. Viele gehen eher von Billionen statt Milliarden aus.
Einigkeit bisher nur über eine Frist
Nun nach mehr als zehn Tagen Beratungen sind Beobachter und Klimawissenschaftler mehrheitlich enttäuscht. Um ein neues Finanzierungsziel wie geplant bis Ende des Jahres zu beschließen, seien noch viele Steine aus dem Weg zu räumen.
"Von den drei wichtigen Zutaten für einen erfolgreichen Abschluss ist leider nur eine vorhanden: Eine Frist, bis zu der man sich entscheiden will", sagt Niklas Höhne vom NewClimate Institute und meint mit Fristende den Dezember 2024. "Eine Präsidentschaft, die das Vertrauen aller genießt, ist normalerweise unabdingbar, mit Aserbaidschan als autokratischem Ölstaat aber leider fraglich."
Und auch eine Weltlage für ausgiebige Diplomatie im Vorfeld bräuchte es, so Höhne. Aber diese Lage sei wegen mehrerer Kriege insgesamt getrübt.
Die großen Schwierigkeiten treten zutage
Die EU und auch die USA sprechen weiterhin von 100 Milliarden Dollar pro Jahr. Es gebe nur wenig Haushaltsspielraum. "Man muss schon sagen, bei dieser Vorbereitungskonferenz sind natürlich wieder die großen Schwierigkeiten offen zutage getreten," analysiert Mojib Latif, Klimaforscher am Helmholtz-Institut für Ozeanforschung in Kiel. "Die Entwicklungsländer wollen mehr, und die Industrieländer wollen eben nicht so viel zahlen."
Und dann gebe es Länder, die überhaupt nicht zahlen. "Wie China beispielsweise. Und das ist für mein Dafürhalten ein No-Go. Die zweitstärkste Wirtschaft der Welt muss natürlich auch zahlen."
Latifs Kollege Carsten Elsner vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie ergänzt: "Der Beschluss eines neuen Klimafinanzierungsplans bei der Klimakonferenz in Aserbaidschan wäre enorm wichtig für die zukünftigen Klimaverhandlungen. Die Industriestaaten würden dadurch beweisen, dass sie ihren Versprechungen aus dem Paris-Abkommen nachkommen."
Außerdem würde laut Elsner ein positives Ergebnis die momentan blockierten Verhandlungen in anderen Bereichen, wie zum Beispiel über den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern, beschleunigen.
Fossile Energien nach wie vor Streitthema
Ein großes Streitthema wird dann wohl auch wieder der Umgang mit fossilen Energien sein. Auch hierbei spielt der bereits erwähnte Finanzierungsplan eine relevante Rolle. Aber eben auch, ob ein generelles Ziel gefunden werden kann, auf Kohle, Öl und Gas in Zukunft quasi ganz zu verzichten. Letztes Jahr beim Klimagipfel in Dubai konnte man sich immerhin auf einen Einstieg aus dem Ausstieg einigen.
Der kommende Gastgeber Aserbaidschan ist der Nachfrage wie er denn dabei vorankommt, ausgewichen. Auch die arabischen Staaten wollen keinen früheren Ausstieg ins Auge fassen.
Sorge vor dem Ausgang der US-Wahlen
"Ob 2024 doch noch zu einem erfolgreichen Klimajahr wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Einerseits müssen die Staaten angesichts der akuten Bedrohung eines Scheiterns der Verhandlungen bis zur nächsten Klimakonferenz versuchen, mögliche Kompromisse auszuloten und sich wieder anzunähern", sagt Klimaforscher Elsner. "Andererseits wird der Ausgang der US-Wahl kurz vor dem Start der nächsten Klimakonferenz, sowie das zeitgleiche Stattfinden des G20-Gipfels einen entscheidenden Einfluss auf die Klimaverhandlungen haben."
Der Erfolg rechtspopulistischer Parteien bei der EU-Wahl machen eine innovative Klimapolitik nicht einfacher, stellen Klimaforschende fest. Viele würden die Bekämpfung des Klimawandels nicht priorisieren, einige ihn sogar leugnen. "Donald Trump ist sozusagen der oberste Klimaleugner der Welt. Und es würde natürlich eine Zäsur bedeuten, wenn er wieder US-Präsident wird", sagt Latif. Es sei ein Rückschlag für eine global vorwärts gewandte Klimapolitik.
Wende der Wirtschaft macht Hoffnung
Hoffnung gebe aber das, was abseits der Konferenz passiere, so Klimawissenschaftler Höhne. Denn die Konferenz spiegele nur die Stimmung der Regierungen wider, in der realen Wirtschaft passiere etwas anderes: "Die Wende hin zu erneuerbaren Energien und Elektrifizierung ist nicht mehr aufzuhalten. Weltweit wachsen Solar- und Windstrom und der Absatz von Elektroautos und Batterien exponentiell. Umso mehr Grund, jetzt dabei zu sein und mehr für den Klimaschutz zu tun."