Diplomatischer Affront Tunesien verweigert EU-Parlamentariern Einreise
Fünf Abgeordnete des EU-Parlaments wollten sich ein Bild von der Menschenrechtslage in Tunesien machen - und sich mit Oppositionspolitikern treffen. Das gefiel der Regierung offenbar nicht. Vor Reisebeginn wurde ihnen die Einreise verweigert.
Tunesien hat einer Delegation des Europaparlaments die Einreise untersagt. In einem Schreiben an die fünf Abgeordneten des Europaparlaments teilte das Außenministerium mit, dass der Gruppe angesichts "mehrerer Vorbehalte" gegen den Besuch die Einreise nicht gestattet werde.
"Beispielloses Verhalten"
Die Delegation des Auswärtigen Ausschusses, die heute ihren dreitägigen Besuch beginnen wollte, kritisierte die Entscheidung scharf und verlangte eine Erklärung der tunesischen Behörden. "Dieses Verhalten ist beispiellos seit der demokratischen Revolution im Jahr 2011", hieß es in einer Stellungnahme der Parlamentarier. Man sei weiterhin zu einem Dialog über kritische Themen bereit und fordere diesen auch ein.
Die EU-Abgeordneten wollten sich unter anderem mit Organisationen der Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Oppositionspolitikern treffen. Dies hatte das Europaparlament am Mittwoch in einer Presseerklärung mitgeteilt. Treffen mit tunesischen Amtskollegen seien angefragt worden. Die Leitung der Delegation hatte der deutsche Abgeordnete Michael Gahler (CDU).
Konsequenzen von Staats- und Regierungschefs gefordert
Neben Gahler gehörten der Delegation der Deutsche Dietmar Köster (SPD) sowie die drei französischen Abgeordneten Salima Yenbou, Mounir Satouri und Emmanuel Maurel an. Maurel hatte im Internetdienst X (ehemals Twitter) geschrieben, er sei über das Verbot erschüttert. "Die europäischen Staats- und Regierungschefs dürfen diese Entscheidung nicht unbeantwortet lassen", forderte er.
Migranten aus Subsahara-Afrika protestieren gegen die tunesische Regierung.
Kritik am Migrationspakt mit Tunesien geübt
Gahler hatte den von der EU im Juli mit Tunesien geschlossenen Migrationspakt zuvor deutlich kritisiert. Dieser sieht Finanzhilfen in Höhe von rund einer Milliarde Euro vor, unter anderem zur Unterstützung der Küstenwache, darunter eine Soforthilfe von 105 Millionen Euro zur Stärkung des Grenzschutzes. Damit soll die irreguläre Migration eingedämmt werden. Diese war auch nach Abschluss des Abkommens zuletzt stark gestiegen.
Tunesien zunehmend autoritär regiert
In Tunesien regiert Präsident Kais Saied zunehmend autoritär. Im Juli 2021 rief er den Notstand aus. Seither regiert er weitgehend per Dekret und geht massiv gegen die Opposition und kritische Stimmen sowie gegen Migrantinnen und Migranten aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara vor.