UN-Vollversammlung Russland soll Ukraine Reparationen zahlen
Die UN-Generalversammlung hat erklärt, Russland müsse Reparationen für die Folgen seines Angriffskrieges in der Ukraine zahlen. Dazu soll Kiew Schäden dokumentieren.
Der ukrainische UN-Botschafter Serhij Kyslyzja begann seine Rede vor der UN-Vollversammlung mit einem Zitat: "Große Gebiete unseres Landes wurden vom Feind besetzt, der ganze Städte und Dörfer zerstörte und in Ruinen verwandelte. Fabriken, Kraftwerke, Eisenbahnen. Deshalb glauben wir, dass es ein moralisches Recht von Ländern ist, die einer Besatzung ausgesetzt waren, eine Entschädigung zu erhalten."
Eine Forderung nicht etwa von einem ukrainischen Offiziellen, sondern ein Zitat vom ehemaligen sowjetischen Außenminister Molotow - angesichts der Zerstörung seines Landes im Zweiten Weltkrieg.
"Es ist auffallend, wie er genau das beschreibt, womit die Ukraine heute konfrontiert ist", sagte Kyslyzja. "Ein großer Teil eines souveränen Staates unter feindlicher Besatzung. Ganze Städte und Dörfer vernichtet. Fabriken wurden in Ruinen verwandelt. Kraftwerke zerstört."
"An der Zeit, Russland zur Rechenschaft zu ziehen"
Seit dem ersten Tag des Krieges bombardiere Russland Fabriken, Wohnhäuser, Schulen, Krankenhäuser und Kindergärten ebenso wie Straßen, Brücken, Eisenbahnstrecken und das Stromnetz. Kyslizja verwies auf Berichte über Morde, Vergewaltigungen, Folter, Deportationen und Plünderungen in den besetzen Gebieten.
Die Ukraine wird die gewaltige Aufgabe haben, das Land wieder aufzubauen und sich vom Krieg zu erholen. Aber ohne einen Sinn für Gerechtigkeit für die Opfer des russischen Krieges wird das niemals zu vollenden sein. Es ist an der Zeit, Russland zur Rechenschaft zu ziehen.
Einen ersten Schritt dazu hat die UN-Vollversammlung jetzt getan. Mit 94 Ja-Stimmen nahm sie eine Resolution an, in der die Ukraine aufgefordert wird, zusammen mit anderen Staaten Kriegsschäden zu dokumentieren und entsprechende Beweise zu sichern.
Ukraine soll Schadensregister führen
Ein solches sogenanntes Schadensregister soll die Grundlage für spätere Reparationszahlungen Russlands an die Ukraine sein. Ein Vorgehen, das der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja als illegal zurückwies: "Der Fehler dieser Initiative ist offensichtlich. Rechtlich halten die Bestimmungen des Entwurfs keiner Kritik stand. Sie sind rechtlich null und nichtig. Sie sind ein Versuch, etwas zu legalisieren, was nach geltendem Völkerrecht nicht legalisiert werden kann."
Dieser Einschätzung Russlands schlossen sich bei der Abstimmung allerdings nur weitere 13 Staaten an - darunter China, der Iran und Kuba. 73 Länder enthielten sich. Die Resolution bekam die erforderliche Zweidrittelmehrheit.
Deutschland begrüßt Votum
Zu den Unterstützern gehörte auch Deutschland, das das Votum als "wichtigen Schritt in Richtung Gerechtigkeit und zur Wahrung eines Grundprinzips des Völkerrechts" begrüßte. Während der Debatte in der Vollversammlung hatte EU-Botschafter Olof Skoog im Namen der meisten europäischen Staaten gesprochen - auch Deutschlands.
Russland muss für seine unrechtmäßigen Handlungen und seine mutwillige Zerstörung zur Rechenschaft gezogen werden. Das ist der Schlüssel, wenn wir eine auf Regeln basierende internationale Ordnung aufrechterhalten wollen. Hier geht es nicht um den Westen gegen den Rest. Hier geht es um die weltweite Achtung internationaler Normen.
Anders als Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates sind Resolutionen der Vollversammlung rechtlich nicht bindend. Zuletzt hatte die UN-Vollversammlung im Oktober mit großer Mehrheit die Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland als völkerrechtswidrig verurteilt. 143 Mitgliedsstaaten stimmten für eine entsprechende Resolution. Bereits im März hatten 141 Länder in der UN-Vollversammlung Russland zum sofortigen Abzug aus der Ukraine aufgefordert.