Vor Volkskongress der KP "Arbeiten muss man immer"
Chinas schwächelnde Wirtschaft dürfte auf dem Nationalen Volkskongress in Peking ab morgen das Hauptthema sein. Von den Wachstumszielen, für die sich die Führung lobt, kommt bei einfachen Arbeitern nichts an.
Ein Tagelöhnermarkt in der Stadt Linquan im zentralchinesischen Landesteil Anhui. Um kurz nach 7 Uhr morgens stehen etwa 15 Männer am Straßenrand gegenüber vom Krankenhaus und warten darauf, dass jemand ihre Dienste in Anspruch nimmt. Der 43-jährige Sun Xuedong kann Fliesen legen, Wände streichen, Mauern bauen. Im Monat komme er auf umgerechnet etwa 1.000 Euro. Damit gehört der Bauarbeiter zu den Besserverdienenden hier.
Aufträge bekommt er gerade aber nicht so viele: "Jetzt kommen weniger Leute hierher mit Arbeitsangeboten. Und die Arbeit ist auch schwerer als früher", erzählt er. "Wenn etwas nicht gut gemacht ist, suchen die Leute immer nach Fehlern, und möchten für etwas nicht bezahlen."
Zwar ist das Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr offiziellen Zahlen zufolge um 5,2 Prozent gewachsen. Die Volksrepublik hat damit ihr Wirtschaftswachstumsziel erreicht, viele Menschen haben davon aber nichts zu spüren bekommen. Das weiß auch die Staats- und Parteiführung in Peking, die ab morgen wieder die rund 3.000 Delegierten des Nationales Volkskongresses zu ihrer jährlichen Sitzung zusammenkommen lässt. Knapp eine Woche lang winken diese die Beschlüsse der Regierung durch.
"Auf Kosten dessen, was die Menschen wollen"
Jacob Gunter vom China-Thinktank Merics in Berlin erwartet keine großen Überraschungen. Es gehe vielmehr seit Jahren konstant in eine Richtung: Die Macht von Staats- und Parteichef Xi Jinping abzusichern. Entscheidend seien hier nicht nur kurz- und mittelfristige Wirtschaftsfragen: "Es geht auch um das große Ganze. Und da muss eine bittere Pille geschluckt werden, um die Dinge anzugehen, die die Regierung als Gefahr für die langfristige Stabilität und die Widerstandskraft des Parteistaats ansieht. Und das geht auf Kosten dessen, was die Menschen wollen und erwarten."
Die Menschen in China erwarten vor allem, dass ihr Wohlstand steigt. Vielen geht es schlechter als zu den Boomzeiten der letzten Jahrzehnte. Zum Auftakt der Sitzung morgen wird Ministerpräsident Li Qiang seinen Arbeitsbericht vortragen. Dabei wird er auch bekannt geben, welches Wirtschaftswachstum die kommunistische Führung für dieses Jahr erwartet.
Ein 65-Jähriger bessert seine Rente auf
Auf dem Tagelöhnermarkt in der Stadt Linquan interessieren sich die meisten nur dafür, wie viel Geld sie am Ende des Tages nach Hause bringen. Ein 65-Jähriger, der seinen Namen nicht nennen mag, kommt jeden Tag mit seinem Lastendreirad und bietet Transportdienste an, um seine kleine staatliche Rente aufzubessern. Er verlangt umgerechnet sechs Euro die Stunde für seine Tätigkeit.
"Es reicht aus, um die Familie zu ernähren, aber übrig bleibt nichts", sagt er. "Wenn es wenig Arbeit gibt, arbeite ich vielleicht nur eine halbe Stunde, oder ein, zwei Stunden am Tag. Ob man nun in einer großen Stadt arbeitet oder hier: Harte Arbeit wird immer entlohnt. Egal wo man ist, arbeiten muss man immer."