Einigung auf neue EU-Abgasnorm Euro 7 ohne deutliche Verschärfung für Autoindustrie
Die neue Abgasnorm der EU kommt ohne eine deutliche Verschärfung für die Industrie. Strengere Regeln für Abgase gelten nur für Busse und Lastwagen. Dafür gibt es nun auch Anforderungen für die Lebensdauer von Batterien in E-Autos.
Autos, Busse und andere Fahrzeuge in der EU sollen künftig weniger umwelt- und gesundheitsschädliche Stoffe verursachen. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten haben sich in Brüssel auf die neue Schadstoffnorm Euro 7 geeinigt, wie beide Seiten mitteilten.
Mit den neuen Regeln sollen die von Fahrzeugen verursachten Schadstoffe zwar strenger als bislang reguliert werden, eine deutliche Verschärfung für die Automobilindustrie gibt es aber nicht.
Neu ist, dass künftig auch gesundheitsschädliche Stoffe wie Feinstaub, der durch Reifenabrieb oder Bremsen entstehen kann, reguliert werden sollen. Das bedeutet, dass die Vorschriften auch für Elektroautos und Wasserstofffahrzeuge gelten.
Weiterhin sollen nach Parlamentsangaben Mindestanforderungen an die Lebensdauer der Batterien von Elektro- und Hybridfahrzeugen eingeführt werden. Diese sehen vor, dass die Batterien nach acht Jahren beziehungsweise 160.000 Kilometern noch mindestens 72 Prozent ihrer ursprünglichen Ladekapazität haben müssen.
Abgasregeln für Pkw unverändert
Darüber hinaus soll mit jedem Fahrzeug ein Umweltpass kommen, der Informationen etwa über den Kraftstoff- und Stromverbrauch oder die Lebensdauer der Batterie enthält. Aktuelle Informationen dazu sollen Autofahrerinnen und Autofahrer über die Systeme im Auto bekommen.
Bislang standen Abgase im Fokus der Euro-Normen. Unter Euro 6 waren bislang Stickoxide (NOx), Kohlenmonoxid (CO), Partikel, Kohlenwasserstoffe und Methan sowie Ammoniak für Lastkraftwagen und Busse geregelt. Euro 7 schreibt strengere Regeln für die Emissionen aus dem Auspuff vor - allerdings laut Mitteilungen nur für Busse und Lastwagen.
Für Autos und Kleintransporter einigten sich Länder und Parlament auf die Beibehaltung der derzeit geltenden Euro-6-Werte. Außerdem sollen nach Angaben des Parlaments für alle Fahrzeugarten die Euro-6-Testbedingungen weiter gelten.
Vorschläge der Kommission deutlich abgeschwächt
Die Überarbeitung der Grenzwerte geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission aus dem vergangenen Jahr zurück, der mit Blick auf die Abgasemissionen von Autos allerdings von Parlament und Ländern deutlich abgeschwächt wurde. Die vorgeschlagenen Regeln waren weder beim Europaparlament noch bei den EU-Ländern auf große Zustimmung gestoßen. So sollten unter anderem die Regeln für Autos 2025 beziehungsweise für Lkw und Busse 2027 in Kraft treten.
Teils waren die Vorschläge sogar dem von der Grünen-Politikerin Steffi Lemke geführten Umweltministerium zu weit gegangen, insbesondere die angedachten Einführungsfristen waren ihr zu knapp.
Der nun vereinbarte Kompromiss sieht für Pkw und Kleintransporter ein Inkrafttreten erst 30 Monate nach der abschließenden Verabschiedung durch das Europaparlament und die einzelnen Mitgliedstaaten sowie für Busse und Lastwagen erst vier Jahre nach der endgültigen Verabschiedung vor.
"Fest entschlossen, alle Anforderungen umzusetzen"
Autohersteller hatten zuvor heftig gegen die Pläne protestiert. Eine neue Abgasnorm bedeute erhebliche Zusatzkosten für die Unternehmen, die eigentlich in Alternativen wie Elektroautos investieren müssten, erklärte etwa der europäische Herstellerverband Acea. Der Ausstieg aus dem Verbrennermotor ist in der EU für 2035 beschlossen.
Nun hieß es von der deutschen Autoindustrie, die neue Norm werde dazu beitragen, die Emissionen im Straßenverkehr weiter zu senken. Zwar seien die Anforderungen in Teilen sehr ambitioniert - "unsere Industrie ist jedoch fest entschlossen, alle Anforderungen umzusetzen", sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Der Euro-7-Beschluss verbinde die Verbesserung der Luftqualität und die Realisierbarkeit für die Industrie auf sinnvolle Weise.
Umweltschützer kritisierten hingegen, die geplanten Vorschriften gingen kaum über die geltende Euro-6-Norm hinaus. Die Bundesregierung hatte sich auf Druck der Grünen für strengere Abgaswerte eingesetzt, wurde aber überstimmt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP pochte zudem auf eine Berücksichtigung von E-Fuels, dafür gab es jedoch weder im Parlament noch unter den EU-Ländern eine Mehrheit.
Geteiltes Echo aus der Politik
Der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe und Verhandlungsführer der christdemokratischen EVP-Fraktion sagte, mit den Regeln würde eine bessere Luftqualität erreicht. "Gleichzeitig verhindern wir aber auch eine unverhältnismäßige Belastung der Industrie, die schon den Umstieg auf die Elektromobilität bewältigen muss." Der Spagat zwischen Gesundheitsschutz und Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit sei gelungen.
Der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss bezeichnete das Verhandlungsergebnis als verpasste Chance. "Wenn die EU und Deutschland weiterhin weltweit die Goldstandards der Industrie setzen wollen, brauchen wir zukunftsweisende Regeln, die die Weiterentwicklung der Industrie vorantreiben." Sonst würden die Standards bald in anderen Weltregionen gesetzt.
Laut Studien der Europäischen Umweltagentur und der sogenannten Gemeinsamen Forschungsstelle war der Straßenverkehr 2018 für 39 Prozent der schädlichen Stickoxid-Emissionen und elf Prozent der gesamten Feinstaubemissionen verantwortlich. 2018 waren der EU-Kommission zufolge in der EU mehr als 70.000 Todesfälle auf die langfristige Belastung durch feinstaub- und stickoxidbedingte Luftverschmutzung durch den Straßenverkehr zurückzuführen.