Regierung beschuldigt Serbien Bewaffneter Angriff im Nordkosovo
Schwerbewaffnete haben im Kosovo Polizisten angegriffen und einen Beamten getötet. Die Gruppe soll sich in einem Kloster verschanzt haben. Premier Kurti macht Serbien verantwortlich.
Eine militärisch ausgerüstete Kampftruppe ist in den Norden des Kosovos eingedrungen und hat dort gezielt Polizisten angegriffen. Das teilte der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti auf einer Pressekonferenz in Pristina mit.
Es wird vermutet, dass die Gruppe aus dem benachbarten Serbien eingedrungen ist. "Es sind mindestens 30 Mann, schwer bewaffnet, uniformiert, professionelle Militärs oder Polizisten", so Kurti.
Angriff nach Hinterhalt
Am Morgen hatte der Trupp offenbar einen Hinterhalt gelegt und sich in der Nähe zur serbischen Grenze ein Gefecht mit kosovarischen Polizisten geliefert. Dabei seien zwei Beamte verletzt worden, so das Innenministerium. Einer von ihnen war bei der Ankunft im Krankenhaus in Mitrovica nach Angaben von Ärzten bereits tot. Der andere schwebt nach Angaben Kurtis nicht in Lebensgefahr.
Die Polizisten gerieten unter Feuer, als sie zwei Lastwagen ohne Kennzeichen untersuchten, die eine Brücke und damit den Zugang nach Banjska blockierten. Bei dem Gefecht setzten die Angreifer laut Kurti von "verschiedenen Positionen aus" Schnellfeuergewehre, Gewehrgranaten und Handgranaten ein. Zudem verfügten sie über Jeeps und ein gepanzertes Transportfahrzeug.
Bewaffenete sollen das Banjska-Kloster gestürmt haben. Mittlerweile patrouillieren auch KFOR-Soldaten mit Soldaten der EU die Gegend.
Kloster gestürmt
Nachdem die Angreifer von der Polizei zurückgedrängt worden waren, sollen sie in das orthodoxe Banjska-Kloster eingedrungen sein. Das berichtet die örtliche Diözese der serbisch-orthodoxen Kirche. Geistliche und Pilger hätten sich in den Klostergebäuden eingeschlossen. Die Bewaffneten seien im Innenhof zu sehen, hin und wieder höre man Schüsse.
Mittlerweile sei das Kloster umstellt, so Kurti. Kosovarische Polizisten sollen zusammen mit NATO-Soldaten und Angehörigen der EU-Mission Eulex auf der nach Banjska führenden Straße patrouillieren. Kurti forderte die eingekreisten Eindringlinge auf, sich zu stellen.
Pristina beschuldigt Belgrad
Kurti bezeichnete das Nachbarland Serbien als Verantwortlichen. Es handele sich um einen Angriff auf den Staat Kosovo. "Organisiertes Verbrechen mit politischer, finanzieller und logistischer Unterstützung von Vertretern Belgrads greift unser Land an", schrieb er am Morgen online.
Auch die kosovarische Präsidentin Vjosa Osmani beschuldigte Serbien und sprach von einem Angriff auf die Unabhängigkeit des Kosovo. "Solche Attacken beweisen einmal mehr die destabilisierende Kraft krimineller Banden, die seit Langem von Serbien organisiert werden", sagte sie.
Der Sprecher des serbischen Parlaments, Vladimir Orlic, sagte hingegen, Kurti habe die Serben vorschnell verurteilt. Kurti sei derjenige, der eine Eskalation wolle. Wenn Kurti sage, es handle sich um einen Angriff von Profis, müssten die Angreifer ja identifiziert worden sein - er wisse also, wer die Angreifer seien.
Kosovo-Serben erkennen Regierung nicht an
Während 90 Prozent der kosovarischen Bevölkerung Kosovo-Albaner sind, gibt es im Nordkosovo eine Mehrheit von Kosovo-Serben. Diese und die Regierung Serbiens erkennen die Regierung des seit 2008 von Serbien unabhängigen Staates Kosovo nicht an.
Dieser Konflikt verschärfte sich dieses Jahr weiter und führte bereits zu Ausschreitungen. Im Mai wurden dabei 50 Kosovo-Serben und Dutzende Soldaten der NATO-Friedenstruppe KFOR verletzt. Die NATO hat etwa 4.000 Soldaten in dem Balkanland stationiert, die den Frieden sichern sollen.
Der heutige Vorfall ist der schwerste Zwischenfall im Verhältnis zwischen dem Kosovo und Serbien seit Jahren. Erst vor etwas mehr als einer Woche waren Gespräche über eine Verbesserung der Beziehungen ergebnislos zu Ende gegangen waren. Die EU hatte den Dialog vermittelt. Sie versucht seit Jahren, das Verhältnis zwischen den verfeindeten Nachbarländern zu normalisieren.
Serbien betrachtet den Kosovo als eigenen Landesteil. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, erkennen die Unabhängigkeit des Kosovos an.