Grenzregion zu Deutschland Polnisches Gericht hebt Stopp für Braunkohleabbau auf
Seit Jahren trübt der Streit um den polnischen Braunkohletagebau Turow wegen gravierender Umweltfolgen die Beziehungen zu Tschechien und Deutschland. Nun hat das oberste Verwaltungsgericht in Warschau einen zuvor verhängten Abbau-Stopp aufgehoben.
Der umstrittene Abbau von Braunkohle im Tagebau Turow in Polen darf fortgesetzt werden. Das hat das oberste Verwaltungsgericht Polens entschieden. Es gab damit einer Klage des Betreibers PGE und der polnischen Umweltdirektion gegen eine Entscheidung des Warschauer Verwaltungsgerichts statt. Das hatte im Mai die Einstellung des Betriebs verfügt, weil die vorgelegten Dokumente zur Umweltverträglichkeit fehlerhaft seien.
Geklagt hatten unter anderem die Stadt Zittau sowie die Umweltorganisation Greenpeace mit ihren Niederlassungen in Tschechien und Deutschland. Aus ihrer Sicht wurden die Folgen des Tagebau-Betriebs im Dreiländereck für Deutschland und Tschechien unzureichend berücksichtigt. Das Braunkohlerevier liegt nur wenige Kilometer von Zittau in Sachsen und Hradek nad Nisou in Tschechien entfernt.
Energiesicherheit als "von der Verfassung geschützter Wert"
Die Richter urteilten nun jedoch, in erster Instanz sei das öffentliche Interesse am Weiterbetrieb nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es gebe "keinen Zweifel daran, dass die Energiesicherheit ein von der Verfassung geschützter Wert ist", sagte ein Gerichtssprecher der Nachrichtenagentur PAP. Sie sei Garantie für die Unabhängigkeit des Staates und die Sicherheit der Bürger.
Polen hatte die Lizenz für das Bergwerk bis 2044 verlängert. In Tschechien wird befürchtet, dass dadurch der Grundwasserspiegel sinken und die Lärmbelästigung für Bewohnerinnen und Bewohner zunehmen könnte. Die deutsche Seite macht ebenfalls eine Absenkung des Grundwasserspiegels geltend und verweist zudem auf Schäden an Gebäuden.
EuGH verfügte 2021 einstweiligen Abbau-Stopp
2021 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer einstweiligen Anordnung den Stopp des Braunkohle-Abbaus verfügt. Polen kam dem jedoch nicht nach. Der Gerichtshof verhängte daher eine Geldstrafe von 500.000 Euro in den EU-Haushalt für jeden Tag, an dem Polen der Entscheidung nicht nachkommt.
Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte zuletzt betont, sich "von keinem Gericht etwas diktieren zu lassen, wenn es um die Energiesicherheit gehe". Polen werde nicht zulassen, dass das Bergwerk geschlossen wird, sagte er während eines Besuchs des Tagebaus Anfang Juni. "Wir werden alles tun, damit es (...) bis zum Jahr 2044 normal funktionieren wird."