
Telefonat von Putin und Trump "USA haben die russische Perspektive übernommen"
Das Telefonat mit Trump zeige, dass Putin weiterhin an seinen Forderungen festhalte, sagt Sicherheitsexperte Loss. Der US-Präsident mache sich dabei zum Erfüllungsgehilfen des Kremlchefs.
tagesschau.de: Was ist das wichtigste Ergebnis des heutigen Telefonats zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin?
Rafael Loss: Die US-amerikanische Darstellung des Telefonats zwischen den Präsidenten macht deutlich, dass die USA unter Trump nun weitgehend die russische Perspektive auf den Krieg übernommen haben.
Man stellt es so dar, als ob Russland und die Ukraine mehr oder weniger aus Versehen in den Krieg gestolpert seien. Das lässt für die weiteren Gespräche, die die beiden Regierungen nun in bilateralen Arbeitsgruppen vorantreiben wollen, nichts Gutes erahnen.
Die Ukraine, wie auch Europa, bleibt außen vor. Ohnehin scheint sie primär als Hindernis für die Normalisierung der amerikanisch-russischen Beziehungen gesehen zu werden.

"Aufteilung Europas in Interessenssphären"
tagesschau.de: Was bedeutet das für die Europäer?
Loss: Mit der Bilateralisierung der Gespräche scheint Putin die US-Regierung als Hebel gegen die Ukraine und auch Europa einsetzen zu wollen.
Es finden sich in der russischen Version einige Hinweise auf eine weitergehende Agenda, die dann auch die europäische Sicherheitsordnung und damit Deutschlands Sicherheit und Wohlstand direkt betreffen würde.
Russland versucht hier ein Format zu etablieren, um bilateral mit den US-Amerikanern über die Aufteilung Europas in Interessenssphären zu entscheiden.
"Putin hat eine klare Absage erteilt"
tagesschau.de: Was bedeutet das Gespräch für eine Vereinbarung, die für die Ukraine akzeptabel sein könnte?
Loss: Dem amerikanisch-ukrainischen Vorschlag einer 30-tägigen Waffenruhe ohne Vorbedingungen hat Putin eine klare Absage erteilt.
Russland fordert weiterhin die komplette Einstellung westlicher Waffenlieferungen und nachrichtendienstlicher Informationen für die Ukraine. Das würde sie einem nächsten Angriff Russlands schutzlos ausliefern.
Der Austausch von jeweils 175 Kriegsgefangenen ist zu begrüßen. Solche Austausche hat es aber natürlich vorher auch schon gegeben, weshalb ich hier nicht allzu viel hineinlesen würde.
Trump als "Putins Erfüllungsgehilfe"
tagesschau.de: Wie bewerten Sie die Bedeutung des Gesprächs?
Loss: Putin spielt auf Zeit. Für Russland läuft es trotz horrender Verluste gut an der Front. Ein Waffenstillstand machte da nur Sinn, wenn sich die Ukraine auf anderem Wege schwächen ließe. Deshalb Putins Forderung, westliche Militärhilfen einzustellen.
Der Verweis auf den "tieferliegenden Ursprung" des Krieges im russischen Lesart bedeutet, dass Putin weiterhin an seinem Ziel festhält, über die Zukunft der Ukraine als Staat und Nation zu entscheiden.
Und wenn das nicht militärisch zu erreichen ist, dann eben über Verhandlungen mit den USA. Trump schickt sich an, Putins Erfüllungsgehilfe zu werden - auch über die Idee eines amerikanisch-russischen Eishockey-Spiels, womit Russland aus der weltsportlichen Isolation geholt würde.
Das Gespräch führte Christoph Schwanitz, tagesschau.de