US-Wahl 2024

Parteitag der Demokraten in Chicago.
analyse

Parteitag der Demokraten Prominenz, Party und eine neue Hoffnung

Stand: 22.08.2024 12:22 Uhr

Bei ihrem Parteitag haben die Demokraten ihren Vize-Kandidaten Walz, prominente Gastredner und ihr "Comeback der Hoffnung" gefeiert. Sarah Schmidt fasst die bislang fünf wichtigsten Erkenntnisse des Treffens zusammen.

Es ist die vielleicht wichtigste Rede seiner bisherigen Karriere: Tim Walz hat offiziell die Nominierung zum Vizepräsidentschaftskandidaten an der Seite von Kamala Harris akzeptiert. Es sei "die Ehre meines Lebens".

Seine Rede klingt nicht staatsmännisch, sondern eher wie die Kabinenansprache an sein ehemaliges Football-Team. "Wir können schlafen, wenn wir tot sind", ruft er den Delegierten zu, die "Coach Walz"-Schilder in die Luft recken.

Bis zur Präsidentschaftswahl im November sind es nicht mal mehr drei Monate. Wenig Zeit für den Gouverneur von Minnesota, sich bei den Amerikanerinnen und Amerikanern bekannt zu machen. Lehrer, Jäger, Waffenbesitzer - der 60-Jährige möchte als bodenständiger Amerikaner vom Land wahrgenommen werden. Das Kalkül des Wahlkampfteams von Kamala Harris: Er soll Donald Trump wichtige Wähler im Mittleren Westen wegschnappen. Dafür müssen die Amerikaner ihn aber erstmal kennenlernen.

Prominente Unterstützer

Bill Clinton, die Oscar- und Grammy-Gewinner John Legend und Stevie Wonder sowie Talkshow-Legende Oprah Winfrey - sie alle werben mit ihren prominenten Namen für Harris und ihren sogenannten Running Mate Walz. Das Wahlkampfteam dürfte besonders stolz auf die Unterstützung Oprah Winfreys sein. Sie gilt als inspirierende Prominente für viele Schwarze, insbesondere Frauen.

Für den mit Abstand meisten Jubel seit dem Beginn des Parteitages am Montag sorgen aber andere: Michelle und Barack Obama, das wohl bekannteste Paar der US-Politik. Ob Kamala Harris das Zeug zur US-Präsidentin habe? "Yes, she can!" schallt es aus dem Publikum. Barack Obama greift den Spruch - eine Anlehnung an sein berühmtes "Yes, we can!" - auf. Wenn es jemand schaffe, dann Kamala Harris.

Trotzdem warnen beide Obamas: Es wird ein knappes Rennen. Zwar liegt Harris mittlerweile in vielen Umfragen vor Trump. Aber ihr Vorsprung ist zu knapp für die Demokraten, um sich in Sicherheit zu wiegen.

Die Hoffnung ist zurück

Trotzdem spricht Michelle Obama vom "Comeback der Hoffnung". Wer im Moment mit Trump-Fans spricht, hört immer wieder die Angst, dass die Demokraten mit Harris eine echte Chance haben könnten. Lange sah es aus, als würde der Wahlkampf auf das Duell der alten Männer Donald Trump und Joe Biden hinauslaufen. Die Begeisterung darüber hielt sich bei vielen Wählern, aber auch innerhalb der Demokratischen Partei stark in Grenzen - vor allem nach dem verpatzten TV-Duell des US-Präsidenten.

Wollen die Demokraten unentschlossene Wähler erreichen, müssen sie motiviert sein und Klinken putzen. Die euphorische Stimmung des Parteitages und die Hoffnung darauf, dass das Rennen mindestens wieder offen ist, dürften dabei helfen. Von der vom eigenen Spitzenkandidaten Biden frustrierten Partei ist in Chicago nichts mehr zu spüren.

Ein bittersüßer Abschied

Eigentlich wollte Joe Biden derjenige sein, den die Demokraten zum Präsidentschaftskandidaten wählen. Doch ausgerechnet seine eigene Partei hatte das verhindert. Jetzt jubeln sie ihm mit "We love you, Joe!"-Schildern zu - auch die einflussreiche Demokratin Nancy Pelosi, die mit dazu beigetragen hatte, dass Biden letztendlich einen Rückzieher machen musste.

Zum Abschied würdigen sie seine Verdienste für Partei und Land. Aber vor allem, dass er in letzter Sekunde doch noch Platz gemacht hat für einen Neuanfang.

Keine inhaltliche Debatte

Inhaltlich gestritten wurde auf diesem Parteitag auf großer Bühne nicht. In und um die Halle kam es vereinzelt zu Protesten gegen die Unterstützung Israels durch die Biden-Regierung. Harris ist bei dem Thema in einer schwierigen Position: Als Vizepräsidentin kann sie nicht zu stark von der Linie ihrer eigenen Regierung abweichen, muss aber gleichzeitig die vor allem jungen Kritikerinnen und Kritiker ernst nehmen, um deren Stimmen nicht zu verlieren.

Und selbst der eigentliche Zweck des Parteitages - die offizielle Wahl des Kandidaten-Duos - war schon vorher gelaufen. Die Demokraten hatten diese vor dem Parteitag digital durchgeführt - wegen Fristen für den Druck von Wahlzetteln. Und so berauschen die Demokraten sich vor allem an sich selbst und der neu gewonnenen Aufbruchsstimmung.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 22. August 2024 um 12:00 Uhr.