Start zum 1. Mai Was beim Deutschlandticket wichtig ist
Nun geht's tatsächlich los: Deutschland lässt den Tarifdschungel im ÖPNV ein Stück weit hinter sich. Ab heute gilt es - das 49-Euro- oder Deutschlandticket. Was man jetzt wissen sollte.
Nach langwierigen Diskussionen und Vorbereitungen geht heute das Deutschlandticket tatsächlich an den Start. Die Erwartungen im Vorfeld waren groß. Für Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist es die große Reform des öffentlichen Personennahverkehrs, der Einstieg in dessen Digitalisierung. Für Evelyn Palla, bei der Deutschen Bahn für den Regionalverkehr zuständig, ist der 1. Mai 2023 der Tag des ÖPNV.
Ob die Erwartungen erfüllt werden, wird sich zeigen. Auch, ob Busse und Bahnen dem Zuwachs an Reisenden überhaupt gewachsen sind. Fakt ist jedoch: Zum 1. Mai lässt Deutschland den Tarifdschungel im öffentlichen Personennahverkehr zumindest ein Stück weit hinter sich und führt ein 49 Euro teures, bundesweit gültiges Ticket ein.
Wo und wie kann man das 49-Euro-Ticket kaufen?
Das Ticket wird von den allermeisten regionalen Verkehrsunternehmen ebenso vertrieben wie von der Deutschen Bahn. Außerdem bieten verschiedene Unternehmen Apps an, über die das Abo abgeschlossen werden kann, etwa die Verkehrsdienstleister Hansecom und Mobility Inside. Bei Kontrollen kann das Abo per Chipkarte oder per Handyticket vorgezeigt werden. Mit einer Übergangsfrist bis Jahresende werden auch noch Papiertickets mit QR-Code ausgegeben.
Wo der Fahrschein gekauft wird, ist aus Kundensicht egal. Vor allem die kleineren, privaten Verkehrsunternehmen warben aber zuletzt offensiv für den Kauf bei ihnen. Sie sorgen sich vor Liquiditätsengpässen, wenn ihnen Ticketeinnahmen zunächst verloren gehen und sie auf die Ausgleichszahlungen warten müssen.
Welche Verkehrsmittel kann man nutzen?
Das Deutschlandticket gilt - wie schon das 9-Euro-Ticket im Sommer 2022 - in allen Bussen und Bahnen des Nah- und Regionalverkehrs. Ausgenommen sind also ICE-, IC- und EC-Züge sowie private Reisebusse und Fahrten mit Flix-Bus. Auch auf Schiffen gilt das Ticket nicht - außer es handelt sich um Verbindungen, die zum öffentlichen Nahverkehr gehören, wie etwa die Fähren in Hamburg oder über den Berliner Wannsee.
Welche Ausnahmen gibt es für Regionalverkehrszüge?
Auch einige Regionalexpreslinien sind ausgeschlossen: Das Ticket gilt nicht in Zügen, die durch Fernverkehrsanbieter wie etwa DB Fernverkehr, Flix-Train, Thalys International, oder WESTbahn betrieben werden. Auf Linien wie dem RE 52432 ab Bremen und Intercity-Zügen des DB Fernverkehrs gilt das Ticket demnach nicht. Das gilt auch, wenn andere Nahverkehrsfahrkarten in diesen Fernverkehrszügen anerkannt sind.
Die Deutsche Bahn empfiehlt, die Verbindungsdetails zu überprüfen, um festzustellen, welcher Betreiber für eine bestimmte Linie zuständig ist. Über Ausnahmen auf bestimmten Streckenabschnitten befindet sich der DB Fernverkehr nach eigenen Angaben aktuell "in Gesprächen mit Ländern und Aufgabenträgern". Aktuell ist das Ticket für Fernverkehrszüge zwischen Rostock Hbf und Stralsund Hbf gültig.
Für welchen Zeitraum gilt das Ticket?
Das Deutschlandticket gilt immer für den aktuellen Kalendermonat. Wer sich also erst am 15. Mai für das Ticket entscheidet, muss für den Zeitraum bis 31. Mai die vollen 49 Euro zahlen. Grundsätzlich ist das Deutschlandticket als Abo gedacht. Wer nicht kündigt, erhält das Ticket für den nächsten Monat also automatisch. Das Ticket kann aber stets zum Ende jeden Monats gekündigt werden.
Wie viele Deutschlandtickets wurden bisher verkauft?
Nach Angaben des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) haben sich mit Stand 25. April bereits mehr als drei Millionen Menschen für ein Deutschlandticket entschieden. Darunter sind dem VDV zufolge 750.000 Kundinnen und Kunden, die bisher kein Monatsabo für den ÖPNV besaßen. In der Branche wird damit gerechnet, dass die Zahl der Ticketbesitzer in den kommenden Monaten stetig ansteigen wird.
Zum Verkaufsstart hatte der VDV prognostiziert, dass rund 5,6 Millionen Abo-Neukunden beim Deutschlandticket einsteigen und rund elf Millionen Menschen, die bereits ein Nahverkehrs-Abo besitzen, auf das 49-Euro-Ticket umsteigen werden.
Die Verkaufszahlen des 9-Euro-Tickets werden also nicht erreicht?
Nein, ein Vergleich mit diesen Zahlen ist aber auch kaum möglich. Der Aktionszeitraum für das 9-Euro-Ticket war im vergangenen Sommer vom Verkaufsbeginn an auf drei Monate begrenzt, der Preis deutlich geringer - entsprechend kam es damals sofort zu einem Run auf den neuen Fahrschein. Das Deutschlandticket ist nun auf Dauer angelegt und auch teurer - nur für einen Tagesausflug pro Monat lohnt es sich zum Beispiel nicht.
Außerdem: Beim Deutschlandticket gibt es eine Jobticket-Option, für die sich viele Unternehmen interessieren, sie aber teils noch nicht pünktlich zum Start am 1. Mai abgeschlossen haben. Zahlt der Arbeitgeber mindestens 25 Prozent des Ticketpreises, gibt es einen Rabatt vom Bund von fünf Prozent obendrauf. Den Verbraucher kostet das Ticket dann maximal 34,30 Euro im Monat.
Welche Rabatte gibt es neben der Jobticket-Option?
Hier wird es etwas unübersichtlich. Einige Bundesländer haben sich dazu entschieden, das Ticket für bestimmte Personengruppen günstiger anzubieten - etwa für Studierende, Auszubildende, Senioren oder für Empfänger von Bürgergeld, Wohngeld und Sozialhilfe. Die Mehrkosten werden dann meist aus dem Landeshaushalt finanziert. Ein bundesweit gültiges Sozialticket gibt es jedoch nicht.
Einige Verkehrsverbünde haben auch abweichende Mitnahmeregeln beschlossen oder Zusatztickets eingeführt, die mit dem Deutschlandticket kombiniert werden können. Hier lohnt ein Blick auf die Webseite des jeweiligen Verkehrsverbunds.
Wird es mit jetzt voll in Bussen und Bahnen?
Die Verkehrsunternehmen sind sich bisher sicher, dass es auf bestimmten Strecken spürbar mehr Fahrgäste geben wird, aber keine akuten Engpässe. Es gebe noch genug Kapazitäten für etwas mehr Fahrgäste, heißt es aus der Branche immer wieder. Wie es dann tatsächlich zu den typischen Pendlerzeiten oder in beliebten Ferienregionen im Norden und Süden aussehen wird, wird sich zeigen.
Bisher ist noch recht offen, zu welchem Zweck vor allem die Abo-Neukunden das Deutschlandticket gekauft haben. In einer Yougov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sagten 66 Prozent der Befragten, die bereits ein Deutschlandticket gekauft haben, dass sie es für Fahrten in der Freizeit nutzen wollen. 54 Prozent wollen demnach damit den Weg zur Arbeit beziehungsweise zur Uni oder zur Schule bestreiten. Bei der Frage konnten mehrere Antworten angekreuzt werden.
Für wen lohnt es sich, zu wechseln?
Nach Angaben der Deutschen Bahn können etwa drei Viertel aller bisherigen Abo-Kundinnen und -Kunden Geld sparen, wenn sie auf das Deutschlandticket wechseln. Dabei lohnt sich das Ticket vor allem für Pendlerinnen und Pendler im Regionalverkehr zwischen verschiedenen Städten. Das Deutschlandticket kostet dann in vielen Fällen einen Bruchteil dessen, was bislang für ein Abo fällig wurde.
Wer vor allem in der eigenen Stadt mit Bus und Bahn unterwegs ist, sollte noch mal nachrechnen. Zwar sind auch dort viele andere ÖPNV-Abos teurer als das Deutschlandticket. Allerdings umfassen sie oft Zusatzangebote wie die Mitnahme einer weiteren Person am Wochenende, eines Hundes oder des eigenen Fahrrads. Beispiel Berlin: Die sogenannte Umweltkarte ist übertragbar. In den Abendstunden und am Wochenende dürfen zwei Erwachsene und bis zu drei Kinder (bis einschließlich 14 Jahre) zusammen auf einem Ticket fahren. Das Deutschlandticket sieht solche Möglichkeiten grundsätzlich nicht vor.
(Quelle: dpa)