Hohe Zahl an Asylanträgen Bund und Länder auf der Suche nach Kontrolle
Angesichts steigender Migrationszahlen schlagen viele Kommunen Alarm. Bund und Länder suchen Lösungen. So plant Bundesinnenministerin Faeser nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios Verschärfungen im Aufenthaltsgesetz.
Droht die Stimmung in Deutschland zu kippen? Immer wieder gibt es Proteste gegen Flüchtlingsunterkünfte. Die Zahl der Asylanträge steigt im Vergleich zu den schon hohen Zahlen aus dem Vorjahr weiter. Im ARD-DeutschlandTrend ist die Frage von Zuwanderung und Flucht im August auf Platz zwei der drängendsten Probleme angekommen.
26 Prozent der Befragten benennen das Thema inzwischen als wichtigstes oder zweitwichtigstes Problem in Deutschland. Wahlforscher Stefan Merz von Infratest Dimap sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, das Thema führe zu Vertrauensverlust. Für die Politik sei es wichtig, dass sie Probleme löse.
Wenn es der Politik nicht gelänge, den Eindruck zu erwecken, sie schaffe es, zu kontrollieren, welche und wie viele Menschen kommen, dann kehre das Vertrauen in die Politik und auch in die Bundesregierung nicht zurück. Dazu gehöre es, dass gegebenenfalls Menschen auch wieder zurückgeführt würden, so Merz.
Notsignale aus den Landkreisen
Bund und Länder sitzen dabei in einem Boot. Beide Seiten haben Zuständigkeiten in der Migrationspolitik. Doch schaffen sie es den Eindruck der Kontrolle zu erwecken? Es sieht nicht so aus. Aus den Landkreisen, die für die Unterbringung der Geflüchteten zuständig sind, kommt vielerorts ein Notsignal. Viele Kommunen gelingt es nicht mehr, die Menschen unterzubringen.
In Sachsen-Anhalt wurden deshalb am Anfang des Jahres die Standards gesenkt. Das Land hat die sogenannten Unterbringungsleitlinien befristet außer Kraft gesetzt. Nun können mehr Menschen auf weniger Platz versorgt werden. Man achte dabei auf die Belange von Frauen, Familien mit Kindern und älteren Menschen oder Menschen mit Behinderungen, sagte die Innenministerin Tamara Zieschang von der CDU im Bericht aus Berlin.
Aber "wenn sie vor der Frage stehen, belege ich in einer Gemeinschaftsunterkunft Zimmer mit ein paar mehr Personen, oder ziehe ich in eine Turnhalle, oder baue ich Zelte auf, dann ist es, glaube ich auch für die Asylzugänge besser, wenn sie tatsächlich festen Wohnraum zur Verfügung haben", sagte sie.
Streit über sichere Herkunftsländer
Und auch der Bund reagiert. Auf der Kabinettsklausur in Meseberg hat die Ampel zugestimmt, Georgien und Moldau in den Kreis der sicheren Herkunftsländer aufzunehmen. Damit können Asylverfahren bei Menschen aus diesen Ländern beschleunigt ablaufen. Dass es am Ende nur zwei zusätzliche Staaten auf die Liste geschafft haben, wird regierungsintern den Grünen zugeschrieben.
SPD und FDP hätten sich wohl auch noch mehr Länder vorstellen können, so wie es alle Landesinnenministerinnen und -minister im Juni gefordert hatten. Auf der Liste der Innenministerkonferenz standen neben Georgien und Moldau auch noch Armenien, Marokko, Tunesien, Algerien und Indien. Indien habe zum Beispiel eine sehr geringe Schutzquote, sagte Sachsen-Anhalts Innenministerin Zieschang im Bericht aus Berlin. Das sei ein eindeutiges Beispiel dafür, dass man mehr sichere Herkunftsstaaten benennen könne.
Behörden sollen Ausweisungen leichter aussprechen
Die Diskussion darüber kommt auf Bundesebene aber nicht weiter, und so denkt Bundesinnenministerin Nancy Faeser offenbar auch über andere Maßnahmen nach. In einem Papier, das dem ARD-Hauptstadtstudio exklusiv vorliegt, heißt es, man wolle den Straftatbestand der Schleusung im Aufenthaltsgesetz verschärfen. Dies ermögliche es den zuständigen Behörden, künftig erheblich leichter Ausweisungen auszusprechen und Aufenthaltstitel erlöschen zu lassen.
Außerdem soll die Bekämpfung von Schleusern künftig enger mit den Nachbarländern Polen und Tschechien abgestimmt werden. Eine Task Force soll die Ermittlungen zwischen Polizei und Justiz mit den Nachbarländern verzahnen. Laut dem Papier will die Bundesinnenministerin auch auf Kommunikation in den Hauptherkunftsländern setzen und Menschen in ihren Sprachen gezielt vor den Gefahren von Schleusung warnen und sie gleichzeitig auf die Wege legaler Migration hinweisen.
Söder fordert strikte Aufnahmebegrenzung
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte eine Begrenzung. Er sprach sich angesichts der steigenden Zahlen Geflüchteter in der "Bild am Sonntag" für eine "Integrationsgrenze" aus. "Wir brauchen einen Deutschlandpakt gegen unkontrollierte Zuwanderung", sagte Söder der "BamS". Ansonsten werde Deutschlands Stabilität gefährdet, das sich angesichts des Höhenflugs der AfD "ohnehin auf dem Weg in eine destruktive Demokratie" befinde.
Der CSU-Chef verwies auf das frühere von seiner Partei durchgesetzte Modell einer Aufnahmebegrenzung auf höchstens 200.000 Migranten pro Jahr. Dieses Konzept habe sich daran orientiert, "was die Kommunen leisten können", und unter der Großen Koalition im Bund gut funktioniert, sagte Söder. Die Ampelkoalition habe es aber fahrlässig aufgegeben, sodass Deutschland jetzt auf Rekordzahlen bei der Migration zusteuere.
Söder forderte mehr Abschiebungen und Rückführungsabkommen für ausländische Straftäter. Zudem verwies er auf die Pläne seines Bundeslandes, Asylbewerber für gemeinnützige Arbeiten zu verpflichten und bei abgelehnten Asylbewerbern die bisherige Barauszahlung von Hilfen durch Sachleistungen mit einer Chipkarte zu ersetzen.