Truppenübungsplatz Grafenwöhr Wie Ukrainer in Bayern an US-Panzern üben
Rund 1000 ukrainische Soldaten trainieren derzeit auf dem US-Truppenübungsplatz im bayerischen Grafenwöhr. Im Schnelldurchgang lernen sie, mit komplexen Waffensystemen wie dem "Abrams"-Panzer umzugehen.
Wie genau die Ausbildung ukrainischer Soldaten auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr aussieht, wollte die US-Armee lange Zeit nicht preisgeben. Jetzt haben die Amerikaner zum ersten Mal Einblicke in das Training gewährt. Mitten auf dem Militärstützpunkt liegt das Camp "Kasserine", das jetzt "Kherson" heißt - benannt nach der ukrainischen Stadt. Dort findet Anfang August traditionell das deutsch-amerikanische Volksfest statt. Aktuell sind dort aber rund 1000 Soldatinnen und Soldaten aus der Ukraine untergebracht.
Seit April des vergangenen Jahres wurden in der Oberpfalz knapp 12.100 Ukrainer von der US-Armee an den unterschiedlichsten Waffensystemen ausgebildet. Die Zusammenarbeit beider Länder ist nichts Neues. 2015 ist dafür extra eine Gruppe mit dem Namen Joint Multi Training Group Ukraine (JMTG-U) gegründet worden. Bis zur russischen Invasion waren die Soldaten sogar in der Westukraine stationiert.
36 militärische Waffensysteme
Von den insgesamt etwa 1000 ukrainischen Soldaten werden aktuell 200 speziell an baugleichen Kampfpanzern des M1A1 "Abrams" ausgebildet. Denn im Herbst wollen die USA insgesamt 31 Panzer dieses Typs an die Kriegsfront schicken. Insgesamt durchlaufen die Frauen und Männer ein zwölfwöchiges Trainingslager. Die Menschen kommen mit unterschiedlichen Voraussetzungen nach Bayern. Einige von ihnen hatten vorher noch nie etwas mit Kriegswaffen zu tun.
Unter den Auszubildenden ist auch ein 71-jähriger Mann. Wie er einem US-Soldaten berichtet, mache er die mentale und physisch sehr anspruchsvolle Ausbildung für seine Familie. Er mache das, weil seine Enkelkinder in Zukunft in Frieden leben sollen.
Als Erstes müssten sie sich als Team finden und zusammenarbeiten, berichtet ein Sprecher der US-Armee. Anfangs arbeiten sie nur in Kleingruppen am Panzer. Im Laufe der Zeit lernen sie dann im Verband mit anderen Panzern und Waffensystemen zu agieren. Innerhalb weniger Wochen müssen die Ukrainer 36 militärische Waffensysteme kennen und verstehen lernen. Wie ein Ausbilder der US-Armee erklärt, geht es nicht nur um die Bedienung dieser Waffensysteme, sondern auch um das Entwickeln und Anwenden von Kriegsstrategien.
Sieben Tage, rund um die Uhr
Das Training ist für die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten eine harte Zeit. Sieben Tage in der Woche, rund um die Uhr wird auf den Übungsplätzen gearbeitet. Ein US-Ausbilder erzählt, dass die Ukrainer viele Fragen haben. Es kommt auch immer wieder zu neuen Herausforderungen, für die beide Länder, Ukraine und die USA, eine Lösung finden müssen. Deswegen verändert sich die Art des Trainings ständig.
Rund 2000 US-Soldaten bringen den ukrainischen Soldaten den Umgang mit Waffensystemen bei. Die größte Hürde dabei sei vor allem die sprachliche Barriere. Zum Beispiel waren alle Bedienelemente, also Schalter, Tasten, Knöpfe, des "Abrams"-Panzer auf Englisch und mussten nach und nach Ukrainisch beschriftet werden. Mittlerweile ist auch das Handbuch des Panzers übersetzt worden.
Auch die Art der Bedienung des Kampfpanzers ist für das ukrainische Militär eine große Umstellung. Der "Abrams"-Panzer sei ein weit komplexeres System, als die Panzer, die die Ukrainer in den vergangenen Jahrzehnten genutzt hätten.
Reale Kriegsszenarien
Auf dem über 22.000 Hektar großen Militärstützpunkt werden reale Kriegsszenarien nachgespielt, die gerade auf dem Schlachtfeld in der Ukraine stattfinden. Möglich machen das unter anderem Satelliten-Aufnahmen aus den umkämpften Gebieten. Trainiert wird dabei nicht nur am Übungsgelände, sondern auch virtuell, in speziellen Räumen der US-Armee. Darüber hinaus lernen die Soldatinnen und Soldaten auch die Geräte an der Front schnell wieder zu reparieren.
Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr ist mit dem wenige Kilometer entfernten Truppenübungsplatz Hohenfels der flächenmäßig größte Übungsplatz der US-Armee außerhalb den USA. Er gilt als einer der modernsten Truppenübungsplätze in Europa. Gut 13.000 US-Soldaten sind in der Oberpfalz stationiert.