Start des Ausbildungsjahres Diese Rechte und Pflichten haben Azubis
Ob als Dachdeckerin, Busfahrer oder Bankkauffrau: Bundesweit haben viele junge Menschen zu Anfang August ihre Berufsausbildung begonnen oder starten damit Anfang September. Welche Rechte und Pflichten haben Azubis?
Welche Pflichten habe ich als Azubi?
Viele Auszubildende haben den Spruch vermutlich schon Mal gehört: "Lehrjahre sind keine Herrenjahre". Soll heißen: Da gibt es auch mal langweilige oder weniger spaßige Aufgaben, und die gilt es trotzdem zu erledigen.
Außerdem müssen Azubis zum Beispiel noch die Berufsschule besuchen. Einfach "blau machen" und wegbleiben ist nicht erlaubt. Das ist wie in der klassischen Schule.
Oft bekommen Azubis auch Arbeitskleidung oder dürfen im Laufe der Zeit mit Werkzeugen arbeiten. Mit solchen Gegenständen des Arbeitgebers müssen sie vorsichtig umgehen.
Und natürlich: Was man auf der Arbeit an Geheimnissen und Daten erfährt, muss da auch bleiben. Also nicht am nächsten Tag herumerzählen, was man zum Beispiel während des Arbeitstages in der Bankfiliale so über den Nachbarn erfahren hat.
Muss ich alle Aufgaben übernehmen - kann ich bestimmte verlangen?
Ja, grundsätzlich müssen Azubis alle Aufgaben erledigen, die sie vom Ausbilder bekommen. Denn der Ausbilder oder andere Mitarbeitende im Betrieb können den Azubis Aufgaben erteilen. Die müssen grundsätzlich erledigt werden, selbst wenn sie auf den ersten Blick nicht direkt etwas mit dem Handwerk oder dem Wunschberuf zu tun haben.
Doch es gibt eine Einschränkung: Die Aufgaben müssen der Ausbildung dienen und dürfen den Auszubildenden nicht körperlich überfordern.
Doch was heißt das konkret? Das steht in den Ausbildungsordnungen mit einem sogenannten Ausbildungsrahmenplan. Darin stehen die Fertigkeiten und Fähigkeiten, die der Azubi im Laufe der Ausbildung lernen soll.
Der Ausbilder kann aber selbst entscheiden, wie er sie dem Azubi beibringen möchte. Das können auch mal Aufgaben sein, die lästig sind, keinen Spaß machen oder anstrengend sind. Das typische Kaffeekochen kann in Ausnahmefällen sogar auch dazuzählen.
Eine richtig klare Grenze lässt sich nicht ziehen. Was okay ist und was nicht mehr geht, hängt am Ende oft vom Einzelfall ab. Immerhin: Wenn es immer wieder unnötige oder unpassende Aufgaben gibt, drohen dem Ausbilder bis zu 5.000 Euro Bußgeld.
Wie viele Stunden muss ich arbeiten?
Das hängt davon ab, was im Betrieb vereinbart ist. Meist sind das acht Stunden pro Tag, Mittagspause nicht mitgezählt. Wenn gerade viel zu tun ist, können es aber auch bis zu zehn Stunden reine Arbeitszeit sein.
Wichtig: In der Woche sind maximal 48 Stunden erlaubt. Bei jüngeren Auszubildenden greift der Jugendschutz. Das heißt: Am Tag nicht mehr als acht Stunden und in der Woche nicht mehr als 40 Stunden arbeiten. Darauf kann bestehen, wer noch keine 18 Jahre alt ist.
Wie sieht es mit Arbeit am Abend oder am Wochenende aus?
Auch hier gibt es Unterschiede je nach Alter: Volljährige müssen je nach Betrieb auch mal am Wochenende oder in der Spätschicht arbeiten. Minderjährige dürfen hingegen grundsätzlich nur von 6 bis 20 Uhr eingeplant sein; kleine Abweichungen davon sind aber für bestimmte Gewerbe wie etwa Gaststätten oder Bäckereien zulässig.
Wenn man unter dem Strich mehr arbeitet als vertraglich vereinbart, bedeutet das: Überstunden zum Abfeiern oder mehr Geld. Die Überstunden werden aber grundsätzlich genauso bezahlt wie normale Arbeitsstunden, selbst am Wochenende oder zu später Uhrzeit. Etwas anderes gilt nur, wenn es im Tarifvertrag oder dem einzelnen Ausbildungsvertrag so geregelt ist.
Was ist, wenn ich krank bin?
Im Krankheitsfall muss der Azubi darauf achten, sich rechtzeitig beim Ausbildungsbetrieb zu melden. Je nach Regeln des Unternehmens muss möglicherweise auch direkt am ersten Tag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden.
Meldet man sich erst später krank, kann das ein unentschuldigtes Fehlen sein. Dann kann der Ausbilder abmahnen und im wiederholten Fall auch eine fristlose Kündigung aussprechen.
Wer sich früh genug krankmeldet, bekommt grundsätzlich erstmal weiter sein volles Gehalt. Das muss in den ersten vier Wochen der Arbeitgeber zahlen, danach übernimmt es die Krankenkasse. Von der gibt es dann aber etwas weniger, als wenn der Azubi normal arbeiten würde.
Wer zu oft und lange krank ist, wird womöglich erst später zur Prüfung zugelassen. Wann das greift, ist nicht fest geregelt. Damit rechnen müssen Azubis aber, wenn sie mehr als zehn Prozent der Ausbildungstage gefehlt haben. Bei so langer Krankheit kann gleichzeitig auch der Betrieb - je nach Einzelfall - den Ausbildungsvertrag kündigen.
Darf ich während der Ausbildung Urlaub nehmen?
Ja. Wer fünf Tage die Woche arbeitet, hat mindestens 20 Tage Urlaub im Jahr. Da sind Azubis genauso zu behandeln wie allen anderen Arbeitnehmer.
Für Jugendliche gelten auch beim Urlaub Sonderregelungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz: Unter 16 Jahren hat man mindestens 30 Werktage, unter 17 Jahren mindestens 27 Werktage und unter 18 Jahren mindestens 25 Werktage Urlaub.
Eine Ausnahme gilt für die Probezeit. In dieser darf man grundsätzlich keinen Urlaub nehmen - es sei denn, der Chef oder die Chefin erlauben es.
Wer darf mich ausbilden?
Alle, die dafür qualifiziert sind. Das ist grundsätzlich nur, wer selbst den Ausbildungsberuf erlernt und eine Ausbildereignungsprüfung abgeschlossen hat.
Bei Handwerksberufen kommt noch hinzu, dass im Allgemeinen nur Handwerksmeister oder Personen mit mehrjähriger Berufserfahrung die Ausbildung übernehmen dürfen. Und: Die Ausbilder müssen grundsätzlich in dem Betrieb arbeiten, in dem der Azubi die Ausbildung macht.
Wer muss Arbeitskleidung und -werkzeug bezahlen?
Ein Betrieb muss so ausgestattet sein, dass der Azubi alles Wichtige lernen kann. Dafür muss der Ausbildungsbetrieb sorgen. Das gilt auch für nötige Sicherheitskleidung, wie zum Beispiel Schutzanzüge im Stahlwerk, sowie für Dienstkleidung wie die Uniformen der Deutschen Bahn.
Anders ist es aber bei normaler Arbeitskleidung und der Kleidung in der Berufsschule. Die muss in der Regel der Azubi selbst zahlen. Dazu kann auch der Anzug für das Büro zählen - wenn er denn nötig ist.
Hefte, Stifte und Lehrbücher für die Berufsschule sind übrigens Lernmittel. Die muss der Azubi in der Regel selbst zahlen.
Wie sind Schul- und Arbeitszeiten verteilt?
Die Berufsschule gilt als Arbeitszeit. Ein Tag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von jeweils 45 Minuten wird als ganzer Arbeitstag angerechnet.
Teilweise gibt es Blockunterricht, der mehrere Wochen am Stück dauert - diese Wochen gelten als Arbeitszeit. Das bedeutet, dass der Ausbilder den Azubi nach fünf Stunden Unterricht nicht mehr in den Betrieb bestellen darf.
Wie viel Geld bekomme ich?
Das ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Entscheidend ist erstmal, ob der Ausbildungsbetrieb tarifgebunden ist. Etwa wenn der Betrieb zu einem Arbeitgeberverband gehört, wie dem Bundesarbeitgeberverband Chemie in der Chemieindustrie, und dieser Verband einen Tarifvertrag ausgehandelt hat. In dem Tarifvertrag kann eine Mindestausbildungsvergütung festgeschrieben sein - die gilt dann fest.
Anders ist es, wenn der Betrieb zwar zu einer Branche mit Tarifvertrag zählt, er aber selbst nicht tarifgebunden ist. Dann darf die Bezahlung auch bis zu 20 Prozent unter dem liegen, was sonst für die Branche im Tarifvertrag vereinbart ist.
Für alle Branchen und Betriebe ohne Tarifvertrag gilt eine absolute Untergrenze: Die Mindestvergütung für Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz. Sie beträgt aktuell im ersten Ausbildungsjahr 649 Euro pro Monat und steigt mit jedem Ausbildungsjahr - im zweiten gibt es zum Beispiel schon mindestens 766 Euro. Diese Vergütung muss ein Betrieb also mindestens zahlen. Es gibt aber einen Haken: Wenn in einem Tarifvertrag eine niedrigere Mindestvergütung vereinbart ist, geht diese vor.
Die gute Nachricht: Mehr geht immer, wenn der Chef dazu bereit ist. Wie viel es am Ende ist, muss immer klar im Ausbildungsvertrag geregelt sein.
Darf ein Betrieb weniger als den Mindestlohn zahlen?
In wenigen Konstellationen kann es sein, dass die Bezahlung unterhalb der Mindestvergütung liegen darf (siehe oben) oder dem Azubi weniger zusteht, weil es eine Ausbildung in Teilzeit ist.
Wenn der Chef aber tatsächlich eine zu geringe Vergütung in den Vertrag geschrieben haben sollte, riskiert er ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro. Der Vertrag könnte an dieser Stelle unwirksam sein.
Details und das weitere Vorgehen kann der Azubi dann etwa mit seiner Gewerkschaft, dem Berufsschullehrer oder einem Rechtsanwalt besprechen.