Stiebel-Eltron-Beschäftigte in Kurzarbeit Beim Wärmepumpen-Hersteller ist es still geworden
Horrende Gaspreise wegen des Ukraine-Kriegs ließen Wärmepumpen boomen. Mit dem Hickhack ums Heizungsgesetz brach die Nachfrage ein - mit Folgen für Hersteller wie Stiebel Eltron.
Tim Radl war früher Berufssoldat, heute baut er im niedersächsischen Holzminden Wärmepumpen zusammen. Vor zwei Jahren hat er beim Hersteller Stiebel Eltron angefangen, mitten im Boom. "Das ging knackig zur Sache hier", erinnert sich der 32-Jährige. Kaum Zeit für Toilettenpausen, Sonderschichten am Samstag - alle Welt wollte Wärmepumpen aus Holzminden, und Radl war plötzlich Teil dieser Erfolgsgeschichte.
Auch seine Kollegin Birgit Nolde erinnert sich an die Zeit, als Deutschland das Gas auszugehen drohte und die Wärmepumpe plötzlich zum Hoffnungsträger wurde. "Wir haben sechs Tage die Woche gearbeitet, ständig unter Stress", sagt Nolde. "Es konnte nicht schnell genug gehen."
Heute, zwei Jahre später, ist die Situation eine völlig andere. Das Interesse an Wärmepumpen ist zusammengeschrumpft. Radl und Nolde arbeiten nur noch drei Tage die Woche und nicht mehr am Samstag. In Holzminden sind rund 2.000 Beschäftigte in Kurzarbeit, es ist still geworden auf dem Werksgelände im Weserbergland.
Verunsicherte Kunden und viele Fragen
"Es steht immer auch ein Schicksal dahinter", sagt Birgit Nolde. "Wir haben Kollegen mit Kindern, das ist nicht so schön gerade." Die Leiharbeiter sind weg, die Hallen wirken leer. "Dieses Hin und Her in Deutschland ist nicht zielführend", sagt Tim Radl und klebt eine Dichtung in eine fast fertige Wärmepumpe.
Mit Hin und Her meint der Monteur die Diskussion über das Heizungsgesetz, die Deutschland über Monate bewegt hat. Erst stritt die Ampel-Regierung über eine Pflicht zum Heizungstausch, über ein Gasheizungsverbot. Nach massiven Protesten und internem Streit entschärfte die Koalition schließlich die Pläne.
Danach drehte sich die Diskussion ähnlich lang um die Förderung für Hausbesitzer. Die Folge: verunsicherte Kunden und viele Fragen. Wie viel Geld gibt es für den Wechsel zur Wärmepumpe? Was gilt denn jetzt eigentlich? Hat die Förderung auf lange Sicht Bestand?
Als dann auch noch die Gaspreise fielen und die Angst vor einer Mangellage und kalten Wohnungen verschwomm, war das Desaster für die Wärmepumpen-Hersteller perfekt: Immobilienbesitzer schwenkten auf traditionelle Öl- und Gasheizungen um und ließen die Wärmepumpe links liegen. Diesen Trend spüren sie bei Stiebel Eltron in Holzminden bis heute. Das Unternehmen rechnet damit, in diesem Jahr etwa 35.000 Wärmepumpen zu verkaufen, 15.000 weniger als im Vorjahr.
"Unnötige Turbulenzen"
Kai Schiefelbein ist Chef von Stiebel Eltron, einst hat er hier als Wärmepumpen-Entwickler angefangen. Der große, schlanke Mann mit Brille geht durch die Werkshallen und schüttelt Hände, er dutzt viele seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Schiefelbein weiß, welche Teile in seinen Produkten verbaut sind, er kennt Stecker, Kabel und Lötstellen.
Der Firmenchef ist stolz darauf, dass sein Unternehmen in Deutschland produziert - trotz hoher Personalkosten. Dass seine Beschäftigten in Kurzarbeit sind, kreidet auch er der Bundesregierung an. "Die Politik hat diesen Menschen Schmerzen zugefügt", sagt Schiefelbein. Beim Gebäudeenergiegesetz habe die Bundesregierung "schlecht kommuniziert", und die Förderung für Hauseigentümer sei in "ziemlich unnötige Turbulenzen" geraten.
Die momentane Lage hält Schiefelbein für paradox. Die Zuschüsse für den Kauf einer Wärmepumpe seien so hoch wie nie, dazu gebe es zinsgünstige KfW-Kredite, und die Lieferzeiten seien kurz - und doch schnappt der Kunde nicht so zu wie erhofft. Die Vorbehalte seien "psychologischer Natur" vermutet Schiefelbein. "Die negative Grundhaltung muss erst wieder verschwinden."
Mittelfristige Aussichten gut
Nur: Wann ist es soweit? Der schlimmste Monat sei der Februar gewesen, erklärt der Stiebel-Eltron-Chef. Er rechnet damit, dass die Verkaufszahlen "im späten Sommer, im Herbst" wieder anziehen. Auch, weil die KfW dann mit der Auszahlung der Zuschüsse beginnt.
Auf lange Sicht, da ist sich Schiefelbein sicher, werde der Wärmepumpenmarkt wieder in Schwung kommen - wenn nach und nach die strengeren Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes greifen und Öl- und Gasheizungen vom Markt verschwinden. Auch deswegen hält der Geschäftsführer die augenblickliche Kurzarbeit für ein sinnvolles Instrument, gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel.
Schiefelbein weiß: Er muss die Leute halten, er wird sie bald wieder brauchen. "Die mittelfristigen Aussichten sind gut", sagt der Unternehmer und lächelt. "Damit man dann profitieren kann, muss man die kurzfristige Situation überstehen."