Krieg in Nahost Der Libanon macht sich auf das Schlimmste gefasst
Im Libanon treffen medizinische Vorräte ein, Krankenhäuser rüsten sich und viele Menschen versuchen, das Land zu verlassen. Die Angst vor einem umfassenden Krieg in der Region ist groß.
Am Morgen traf am Flughafen Beirut dringend erwartete Luftfracht ein. Die Weltgesundheitsorganisation lieferte dem Libanon rund 100 Paletten medizinische Artikel, darunter mindestens 1.000 Notfallkoffer zur Behandlung von Kriegsverletzten.
"Diese Geräte und Medikamente gehen an Krankenhäuser, die besonders stark von einem offenen Krieg betroffen sein würden", sagte Libanons geschäftsführender Gesundheitsminister Firass Abiad, der die Lieferung der WHO in Empfang nahm.
Es sind vor allem Krankenhäuser im Südlibanon, wo die mit dem Iran verbündete schiitische Hisbollah-Miliz im Oktober zur Unterstützung der Hamas im Gazastreifen einen Grenzkrieg in Israel begonnen hatte und dabei neulich auf den Golanhöhen zwölf Kinder und Jugendliche getötet haben soll.
Lange Schlangen am Flughafen Beirut
Israel tötete daraufhin in Beirut jenen Hisbollah-Kommandeur, der den Befehl für den Angriff gegeben haben soll. Wenige Stunden danach starb Hamas-Chef Ismail Hanija in Teheran bei einem Attentat, das Israel zugeschrieben wird. Der angekündigte Vergeltungsschlag des Iran und seiner Verbündeten im Nahen Osten versetzt die Region seither in eine angespannte Erwartungshaltung.
Während medizinische Vorräte am Flughafen Beirut entladen wurden, standen schon Stunden vorher in der Abflughalle Passagiere an. Sie wollten in einen der wenigen Flüge gelangen, die noch nicht gestrichen sind. Die Lufthansa etwa verlängerte die Unterbrechung ihrer Verbindungen gerade bis mindestens nächste Woche.
"Wir fliegen schon jetzt statt erst Ende August", sagte eine in Paris ansässige Libanesin. Nicht nur sie fürchtet, dass der bisher begrenzte Schlagabtausch in einen großen Krieg mündet.
Israel in höchster Alarmbereitschaft
Auch Beobachter und Experten wie der Militärfachmann Ahmed Rahhal vom Harmoon Center for Contemporary Studies halten Entspannung für immer unwahrscheinlicher. Er sagte dem Fernsehsender Al Jazeera: "Neben den amerikanischen Luftwaffenstützpunkten hat Israel seine Luftwaffe in maximale Bereitschaft und die Marine in höchste Alarmbereitschaft versetzt."
Der Iran bereite eine Reaktion auf die Tötung von Hamas-Chef Hanija vor. Die Hisbollah bereite eine Reaktion auf die Tötung des hochrangigen Kommandeurs Fuad Schukr und anderer Milizführer vor. "Angesichts dieser Spannungen und Vorbereitungen nähern wir uns dem Abgrund", so Rahhal und der heiße: "Krieg an vielen Fronten".
Mehrere Staaten versuchen zu deeskalieren
Das Ringen um Deeskalation im Nahen Osten geht dennoch weiter: Der jordanische Außenminister Ayman Safadi reiste nach Teheran. Es ist der erste derartige Besuch seit Jahrzehnten. Zuvor hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mit ihm telefoniert.
US-Außenminister Antony Blinken forderte seine Kollegen der G7-Staaten auf, diplomatischen Druck auf Iran, Hisbollah und Israel auszuüben, damit diese "ein Höchstmaß an Zurückhaltung wahren".