Spendenprojekt Die schwierige Hilfe palästinensischer Israelis für Gaza
Für palästinensische Israelis ist es schwierig, ihre Solidarität mit den Menschen in Gaza zu zeigen. Eine Spendenprojekt hat jetzt Tonnen an Hilfsgütern gesammelt.
Auf Hunderten Paletten stehen riesige Mengen Zucker, Mehl und Dosen mit Kichererbsen. Aber auch Babynahrung und Hygieneartikel für Frauen. Wer einen Eindruck davon bekommen will, wie viele Hilfsgüter für Gaza sie gesammelt haben, sollte diese Lagerhalle sehen. Sie befindet sich in der Stadt Rahat, in der Negev-Wüste, alles ist staubig.
Die große Halle am Rand von Rahat gehört Ibrahim Majbour. Der Geschäftsmann hatte damit eigentlich etwas anderes. "Das sollte eine Fabrik werden, dafür wurde die Halle gebaut - aber bisher wurde sie nicht genutzt", erzählt er.
Als dann die Kampagne begonnen habe und die Organisatoren von der Menge der Hilfsgüter überrascht worden seien, hätten sie ihn gefragt. "Und natürlich war ich einverstanden. Denn ich will all diesen Zivilisten in der katastrophalen Lage in Gaza helfen. Und als dann so viele Menschen in der Negev-Wüste und vor allem im Rahat alles gegeben haben, habe ich die Pflicht verspürt, die Halle zu öffnen", so Majbour.
Spendenaktion von "Standing Together"
Die Kampagne ist eine Spendenaktion von "Standing Together". Die Organisation versucht seit Jahren, palästinensische und jüdische Israelis zusammenzubringen. Die gewaltige Resonanz hat sie selbst ein wenig überrascht. In nur drei Wochen haben sie Hilfsgüter gesammelt, die in etwa 300 Lkw passen. 30.000 Menschen hätten mitgemacht, so die Organisation.
Einer ist Sheriff Abu Hassan, der im Lager die Übersicht behält. Es gibt noch ein paar mehr solcher Hallen mit Hilfsgütern, sagt er. "Die Spendenaktion läuft an vier Orten im Norden Israels und in zwei Städten hier im Süden, in Rahat und Houra. Die Leute haben davon gehört und haben schnell gespendet", sagt Hassan. Mehr als zehn Monate laufe der Krieg und die Menschen seien so aufgeregt gewesen, dass sie alles gespendet hätten, was sie konnten, damit sie sich nicht mehr nutzlos fühlten.
"Wir haben so viel gesammelt und jetzt müssen wir diese Regierung antreiben, damit das so schnell es geht nach Gaza kommt. Sonst verdirbt es und nützt niemandem, das wäre eine große Verschwendung", sagt Hassan. Und dann erzählt er noch, wie Frauen ihren Schmuck verkauft hätten, um zu spenden.
Solidarität mit Gaza zu zeigen, ist schwierig
Gesammelt wurde dort, wo viele palästinensische Israelis leben. Nach dem Terrorangriff der Hamas und anderer Organisationen aus dem Gazastreifen im vergangenen Oktober sind viele der arabisch sprechenden Israelis, die rund 21 Prozent der Bevölkerung ausmachen, in einer schwierigen Lage. Den Terror lehnen fast alle ab - aber mit den Menschen in Gaza fühlen sie sich verbunden. Auch weil arabische Sender mehr über die humanitäre Katastrophe im Gazakrieg berichten.
Doch Solidarität mit den Menschen in Gaza zu zeigen, ist in diesen Monaten in Israel schwierig: in einer durch den Terror traumatisierten Gesellschaft und mit einer Regierung, deren Mitglieder den Hass anstacheln. Die Spenden für die Menschen in Gaza sind eine der seltenen Möglichkeiten, Mitleid und Solidarität zu zeigen.
"Viele unschuldige Menschen, die nichts getan haben"
Dem Bürgermeister von Rahat, Talal Al-Qrenawi, steht der Stolz ins Gesicht geschrieben. Er hat zum Spenden aufgerufen. Und er freut sich, dass seine Mitbürger so hilfsbereit sind.
"Klar, seit dem 7. Oktober sind die Dinge schwieriger geworden. Für die israelische Regierung wurde es schwer zu akzeptieren, dass wir Solidarität zeigen mit den Menschen in Gaza - auf menschlicher Ebene, nicht politisch oder militärisch", sagt Al-Qrenawi. Man solle nicht alle Menschen in Gaza verurteilen.
Der Angriff sei unmenschlich gewesen und auch die Menschen in der Negev-Wüste hätten einen Preis bezahlt, und Verletzte und Geiseln zu beklagen. "Aber wir müssen bedenken, dass es da Kinder, Frauen, Alte und viele unschuldige Menschen gibt, die nichts getan haben."
Talal Al-Qrenawi, der Bürgermeister von Rahat, hat zum Spenden aufgerufen. Er sagt, in Gaza gebe es viele unschuldige Menschen, die nichts getan haben.
Lkw sollen nächste Woche nach Gaza fahren
Dass Al-Qrenawi seine Stadt zum Spenden aufgerufen hat, wird ihm in Jerusalem übel genommen. Dort sitzt Finanzminister Bezalel Smotrich auf der Regierungsbank, der vor kurzem gesagt hat, es könnte gerechtfertigt und moralisch sein, zwei Millionen Menschen in Gaza verhungern zu lassen, um die Geiseln zu befreien.
Und Itamar Ben Gvir, der rechtsextreme Minister für nationale Sicherheit ist auch kein Freund der Hilfslieferungen. Er hat jetzt öffentlich gefordert, dem Bürgermeister von Rahat die Staatsbürgerschaft zu entziehen.
Doch nächste Woche sollen die ersten Lkw nach Gaza fahren. Die vielen Helfer und Spender hoffen, dass sie reingelassen werden.