Brexit Was kommt auf den Verhandlungstisch?
Innerhalb von zwei Jahren sollen sich Großbritannien und die EU über den Brexit einig sein. Nicht viel Zeit für eine lange Verhandlungsliste. Einige Knackpunkte sind aber besonders brisant und stehen daher ganz oben auf der To-do-Liste.
Mit dem offiziellen Austrittsgesuch Großbritanniens an die EU beginnt die Brexit-Uhr zu ticken. Laut Artikel 50 des Lissabon-Vertrags haben beide Seiten genau zwei Jahre Zeit, um die Bedingungen ihrer Scheidung auszuhandeln. Beobachter und Akteure gehen davon aus, dass dies ein juristischer und diplomatischer Kraftakt wird, nach über 40-jähriger Mitgliedschaft der Briten. Einige Punkte gelten als besonders heikel und kommen gleich zu Beginn auf den Tisch:
Brüssels Brexit-Rechnung
Einer der dicksten Brocken in den Verhandlungen: Die sogenannte "Exit-Bill" - die Rechnung, die die EU den Briten zum Abschluss präsentieren wird. Nach den Worten von Kommissionschef Jean-Claude Juncker dürfte sie "gesalzen" ausfallen. Weil die Union ihren Haushalt im Sieben-Jahres-Rhythmus plant, ist die Regierung in London zu Ausgaben verpflichtet, die weit über das mutmaßliche Austrittsdatum im März 2019 hinausreichen.
Bis mindestens 2023, betonen Vertreter des EU-Parlaments, müsse Großbritannien noch für gemeinsam beschlossene Projekte aufkommen. Und auch für die Pensionen ehemaliger EU-Beamter, die bis jetzt von den Briten mitbezahlt werden, muss eine Lösung her.
Wie hoch das Trennungsgeld am Ende ausfällt, kann im Moment niemand sagen. In EU-Kreisen kursiert die Summe von 60 Milliarden Euro. Haushaltskommissar Günther Oettinger deutet an, es könnte auch noch teurer werden. Aus London ist zu hören: So viel zahle man auf keinen Fall.
Künftige Bürgerrechte
Vielleicht noch heikler als das liebe Geld: die Rechte der Menschen. Rund drei Millionen EU-Bürger wohnen und arbeiten laut offizieller Statistik im Vereinigten Königreich. Etwa eine Million Briten haben ihren Lebensmittelpunkt auf dem Kontinent. Beide Gruppen bangen um ihre Zukunft und befürchten Abstriche in ihrem Bleibe- und Arbeitsrecht.
Neue EU-Außengrenze
Die zu klärende Rechtsfrage gilt auch für rund 30.000 Pendler, die täglich die grüne Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland passieren, die bald eine EU-Außengrenze sein wird. Im Interesse einer guten Partnerschaft sollte Brüssel wie London eigentlich an einer großzügigen Regelung gelegen sein. Doch die Themen Einwanderung und Freizügigkeit sind für Brexit-Befürworter ein rotes Tuch. Und in den Verhandlungen gelten sie als mächtige Druckmittel.
Was kommt wann auf den Verhandlungstisch?
Der mit Abstand schwierigste Punkt wird sein, zu klären, worüber überhaupt verhandelt wird und in welcher Reihenfolge. Während die EU-Seite das Prinzip "eins nach dem anderen" vertritt und zunächst über die Bedingungen des Austritts sprechen will, und erst danach über das künftige Verhältnis, beharren die Briten auf dem Grundsatz "alles zugleich". Weil die Materie unheimlich kompliziert und die Zeit knapp bemessen ist, dürfte ohnehin eine Übergangsvereinbarung nötig werden, die die Verhältnisse bis zu einem neuen, endgültigen Partnerschaftsvertrag regelt.
Wie der Rahmen für die künftigen europäisch-britischen Beziehungen aussieht, steht in den Sternen. Großbritanniens Premierministerin Theresa May hat klargestellt, dass sie einen "sauberen" Brexit anstrebe, also einen möglichst harten Schnitt. EU-Verhandler Michel Barnier gibt zu bedenken, dass die Briten damit den Zugang zu Binnenmarkt und Zollunion verlieren würden.