Wolodymyr Selenskyj, Keir Starmer, Emmanuel Macron
analyse

Gipfel in London Eine wichtige Nachricht für die Ukraine

Stand: 02.03.2025 22:17 Uhr

Europäische Staats- und Regierungschefs haben sich in London getroffen, um der Ukraine den Rücken zu stärken. Dabei blieb es nicht bei warmen Worten. Eine "Koalition der Willigen" plant mehr.

In erster Linie war dies ein Gipfel der Solidarität. Nach dem verheerenden Pressetermin von US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus am Freitag hatten nahezu alle Staats- und Regierungschefs diese eine Nachricht für die Ukrainer im Gepäck: Sie wollen dem Land beistehen. 

Doch warme Worte allein bringen nicht viel. Gastgeber Keir Starmer, der britische Premier, hatte deswegen noch einige Punkte vorbereitet, auf die sich die Gipfelteilnehmer verständigten. Er sprach von einer "Koalition der Willigen", die zusammenkommen werde, um einen Frieden in der Ukraine abzusichern. Nicht jedes Land sei in der Lage, sich daran zu beteiligen. Aber die Europäer müssten die Hauptlast tragen. Das Vereinigte Königreich sei bereit, Soldaten zu schicken und Kampfjets zu entsenden.

Der bemühte Brückenbauer

Gleichzeitig betonte Starmer jedoch: Damit der Plan funktionieren könne, müssten die USA diesen unterstützen. Starmer bleibt dabei - als Brückenbauer: Die Europäer müssten mehr liefern - die USA müssten gleichzeitig dabeibleiben.

Das ist die Essenz der britischen Bemühungen, was mit klaren Signalen nach Washington unterlegt wurde: Er akzeptiere nicht, wenn gesagt werde, dass die USA ein unzuverlässiger Partner seien, antwortete Starmer in der Pressekonferenz auf eine kritische Frage einer Journalistin.

Das ist natürlich eine steile These, da gerade die Pressekonferenz im Oval Office am Freitag alles infrage gestellt hat: die Wertegemeinschaft des Westens, das Verteidigungsbündnis NATO, und die Unterstützung der Ukraine. Doch für Starmer ist klar: Ohne die USA wird es nicht gehen. Bereits kurz nach dem Eklat zwischen Trump und Selenskyj hatte Starmer zum Telefonhörer gegriffen und mit beiden gesprochen. Ein Versuch, die Situation zu beruhigen.

Das Königshaus als Joker

Interessant ist darüber hinaus, dass das Vereinigte Königreich dennoch Selenskyj den Rücken stärkt. Beim Besuch von Starmer in Washington hatte dieser einen Einladung für einen Staatsbesuch in Großbritannien übergeben. Trump soll durch den König empfangen werden, was der US-Präsident als große Ehre empfindet.

Doch Starmer kam mit leeren Händen wieder. Und nach dem Eklat wollte das Königshaus möglicherweise deutlich machen, dass Großbritannien trotzdem noch zu Selenskyj steht. Anders ist nicht zu erklären, warum der ukrainische Präsident am Nachmittag von Charles III. empfangen wurde.

Über die verstärkte europäische Solidarität mit der Ukraine nach dem Eklat in den USA

tagesschau, 02.03.2025 20:00 Uhr

Briten, Franzosen - und die Deutschen?

Zu der "Koalition der Willigen" gehören sicher Großbritannien und Frankreich. Bereits vor Tagen hatte es Meldungen darüber gegeben, dass beide bereit seien, Friedenstruppen zu schicken, und entsprechende Pläne vorbereiteten.

Wer bei dieser Koalition jetzt noch mitmacht, wird in den kommenden Tagen deutlich. Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz war zurückhaltend. Er betonte erneut, dass Deutschland einen bedeutenden Beitrag geleistet habe als zweitgrößter Unterstützer der Ukraine - mit Geld und Waffen, insgesamt 44 Milliarden Euro bis jetzt, sagte Scholz. Eine Zahl, die immer wieder betont werden muss, und offenbar auch in den USA nicht jedem bekannt ist.

Scholz verwies aber auch zurecht auf die Tatsache, dass die Bombardierungen aufhören müssten, um einen Waffenstillstand zu ermöglichen. Denn ohne ein Ende der Kampfhandlungen, ohne die Bereitschaft Russlands kann es keinen Frieden geben.

Starmer kann freier agieren

Am Donnerstag kommen die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel zusammen, dabei dürfte es um die Frage gehen, wie die Mitgliedsstaaten in die Lage versetzt werden können, mehr für Verteidigung auszugeben. Außerdem wird es um die Koordinierung der Anstrengungen gehen.

Bemerkenswert an diesem Gipfel war, dass ihn ein britischer Premier ausgerichtet hat. Also der Regierungschef eines Landes, das gerade aus der EU ausgetreten ist. Aber vielleicht hat das die Tür geöffnet - zum einen für die Teilnahme vieler, zum Beispiel auch der Kanadier, und zum anderen war diese Veranstaltung deswegen "unverdächtiger".

Keir Starmer hat einen Zugang zu Donald Trump, das hat sein Besuch am vergangenen Donnerstag deutlich gemacht. Die Initiative, nun auf Trump noch einmal zuzugehen und gleichzeitig ein deutlich höheres Engagement der Europäer zu zeigen, könnte der Anfang eines Weges hin zu Frieden sein. 

Christoph Prössl, ARD London, tagesschau, 02.03.2025 22:13 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 02. März 2025 um 20:00 Uhr.