Bergbau-Folgen Dürfen alte Grubenschächte geflutet werden?
Ein Gericht im Saarland soll von heute an klären, ob alte Bergwerksschächte geflutet werden dürfen. Bislang pumpt der Betreiber RAG in stillgelegten deutschen Steinkohle-Bergwerken Grubenwasser ab. Doch die Kosten sind hoch.
In der Bottroper Zeche Prosper Haniel wurde 2018 das letzte Stück Steinkohle in Deutschland an die Oberfläche befördert. Nach Jahrhunderten endete damit der Steinkohlenbergbau in Deutschland. Im Saarland stellte das letzte Kohlebergwerk schon 2012 den Betrieb ein. Am 30. Juni 2012, vor fast genau elf Jahren, wurde auf der Grube Duhamel in Ensdorf nahe Saarlouis die letzte Schicht gefahren.
RAG will Grubenwasser ansteigen lassen
Die Arbeit in den Bergwerken war damit aber nicht vorbei. Die Betreibergesellschaft RAG muss sich mit sogenannten Ewigkeitsaufgaben befassen. Dazu gehört, versickertes Regenwasser aus den alten Schächten zu pumpen. Auf seinem Weg in die Schächte löst es Mineralien, insbesondere Salze, aus dem Gestein. Doch die Pumpen sollen nach dem Willen der RAG dann doch nicht mehr ewig laufen.
Im Saarland stellte die frühere Ruhrkohle AG 2017 den Antrag, den Wasserspiegel auf eine Tiefe von 320 Metern ansteigen lassen zu dürfen. Es soll die erste Phase der Grubenflutung sein. Perspektivisch sollen die Schächte komplett volllaufen. Das Wasser würde dann von der Oberfläche in die Saar geleitet werden.
Dagegen formierte sich Widerstand von einigen Kommunen, Umweltschutzorganisationen und den Grünen. Sie befürchten, dass bereits durch die erste Phase der Grubenflutung Giftstoffe ins Grundwasser gelangen und es zu Erschütterungen kommen könnte. Vor etwa zwei Jahren genehmigte das Oberbergamt des Saarlandes der RAG die erste Phase. Es wäre ein Pilotprojekt, dessen Folgen umstritten sind.
Pumpen müssen bisher weiterlaufen
Mit der Genehmigung konnte die RAG aber nicht sofort das Wasser steigen lassen. Mehrere Kommunen zogen gegen den Beschluss des Oberbergamtes vor Gericht. Im vergangenen Jahr erlitten sie einen Rückschlag. Das Bundesverwaltungsgericht beschnitt das Recht, gegen die Grubenflutung zu klagen, deutlich. Einige Kommunen und Organisationen fanden dennoch einen Weg, ihre Klagen aufrecht zu erhalten.
Vor dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in Saarlouis werden heute die ersten drei von insgesamt elf Klagen verhandelt. Die Stadt Saarlouis, die Gemeinde Merchweiler und der als Reaktion auf die RAG-Pläne gegründete Wasserschutzverein ProH2O legen ihre Einwände gegen die Grubenflutung vor. Mit einem Urteil wird innerhalb der kommenden 14 Tage gerechnet.
Endgültig entschieden ist die Frage aber auch dann voraussichtlich noch nicht. Für acht weitere Klagen gibt es noch keine Verhandlungstermine. Zudem könnten die Prozessbeteiligten noch zum Bundesverwaltungsgericht weiterziehen.
Betreibergesellschaft will Geld sparen
Der Betrieb der Pumpen kostet viel Geld. Als der Bergbau im Saarland 2012 endete, setzte sich die RAG zum Ziel, die Ewigkeitsaufgaben so kostengünstig wie möglich zu gestalten. Für das Abpumpen des Wassers aus den Saar-Gruben wendet sie jährlich 20 bis 30 Millionen Euro auf.
Allerdings verfügt die RAG-Stiftung auch über ausreichende finanzielle Mittel. Im vergangenen Jahr belief sich ihr Vermögen nach eigenen Angaben auf 17 Milliarden Euro, sie machte 347 Millionen Euro Gewinn. Die betroffenen Regionen indes kämpfen auch Jahre nach dem Ende der Steinkohleförderung in Deutschland mit den Folgen.
In einer früheren Version des Textes haben wir den Gewinn im vergangenen Jahr der RAG-Stiftung mit 30 Millionen Euro angegeben. Tatsächlich waren es 347 Millionen Euro.
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