Journalisten sagen vor EU-Ausschuss aus "PanamaPapers" beschäftigen nun Brüssel
Es ist ein vielschichtiges System von Briefkastenfirmen, das durch die "PanamaPapers" enthüllt wurde. Heute hörte der neue Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments die ersten Zeugen. Die Suche nach Rechtsverstößen ist schwierig.
Es ist die erste Sitzung des Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlamentes zu den sogenannten PanamaPapers. Es geht um Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe mithilfe von mehr als 200.000 Briefkastenfirmen - zumeist verkauft beziehungsweise vermittelt von der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca .
Es geht um die Frage, inwieweit EU-Institutionen und Aufsichtsbehörden in diesem Zusammenhang europäisches Recht gebrochen haben oder ihrer Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachgekommen sind. Und inwieweit Banken, Vermögensverwalter und Anwaltskanzleien in der EU an der Vermittlung dieser Briefkastenfirmen beteiligt waren.
"In Deutschland hatten wir von den sieben größten Banken in den PanamaPapers sechs gefunden, die Offshore-Strukturen für ihre Kunden angeboten, organisiert oder verwaltet haben", sagt Jan Strozyk vom NDR, der gemeinsam mit seiner Kollegin Julia Stein und einem Investigativ-Team der "Süddeutschen Zeitung" an der Auswertung der internen Daten von Mossack Fonseca beteiligt war.
Jeder kann mit dem Finger auf andere zeigen
Bankberater arbeiten als Zwischenhändler, heißt es von Strozyk weiter: "Mossack Fonseca kann so immer sagen: 'Wir haben mit diesem Kunden nichts zu tun gehabt. Wir haben mit seinem Anwalt beziehungsweise Bankberater gearbeitet'." Und der Kunde oder der Inhaber der Briefkastenfirma kann sich ebenfalls mit dem Hinweis auf die Bank herausreden - indem er auf die Frage, ob die Briefkastenfirma ihm gehöre, immer antworten kann: "Nein, das ist nicht meine Firma. Die Firma gehört dem Bankberater oder irgendeinem anderen Zwischenhändler."
Als eine erste Konsequenz der Untersuchungsausschuss-Premiere wird der Chef des Bundesverbandes Deutscher Banken, Hans-Walter Peters, zur nächsten Sitzung des Panama-Ausschusses nach Brüssel eingeladen. Denn Peters ist zugleich Chef der Hamburger Berenberg Bank, die eingeräumt hat, Geschäftskontakte zu Briefkastenfirmen zu unterhalten und Konten für Offshore-Gesellschaften zu führen.
Schwierige Suche nach Rechtsverstößen
Was an sich nicht illegal ist, räumt Strozyk ein. "Es ist selbst beim allergrößten Leak gar nicht so leicht, einen Rechtsverstoß zu belegen", sagte die Journalistin Stein vor dem Untersuchungsausschuss des Europa-Parlamentes. Zumal weder Journalisten nicht über die Ermittlungskompetenzen der Polizei und Steuerfahndung verfügten. Dennoch sei es mithilfe der Panama-Papiere in Einzelfällen gelungen, Verstöße nachzuweisen: "Zum Beispiel ist es ein Rechtsverstoß der Firma Mossack Fonseca, wenn sie den von der EU- und den USA sanktionierten Rahmi Machluf - den Cousin von Bashar al-Assad - als Kunden führt, wohl wissend, dass er mit Sanktionen belegt ist."
Ein Land, das durch Schlupflöcher in seiner Gesetzgebung Geldwäsche und Steuerhinterziehung mithilfe von Briefkastenfirmen erleichtert, ist der EU-Vertragspartner Schweiz. Denn die Schweizer Gesetzgebung erlaubt es, dass die Vermittler von Briefkastenfirmen sogenannte Scheindirektoren im Ausland als Strohmänner bezahlen, welche die Offshore-Firmen pro forma managen und ihren Namen unter sämtliche Dokumente setzen.
"Sie können sich falsche Direktoren mieten", fasst es der Investigativ-Journalist Oliver Zihlmann von der Schweizer "Sonntagszeitung" im Untersuchungsausschuss zusammen: "Da sitzt dann also ein Mann oder eine Frau in Panama und der oder diejenige wird dann nominell vorgehalten als Managerin dieser Briefkastenfirma."
Besserer Schutz für Informanten
Dank dieser Strohmänner müssen Schweizer Banken und Anwälte in der Schweiz also nicht nachfragen, woher das transferierte Geld kommt und wer von ihm profitiert. Denn diese Anwälte und Bankberater unterschreiben ja selber nichts und entziehen sich ihrer Sorgfaltspflicht - dank der von ihnen bezahlten Scheindirektoren der Briefkastenfirmen.
Dem EU-Untersuchungsausschuss ist klar: Ohne Insider, welche Journalisten Informationen über Briefkastenfirmen, Scheindirektoren, Steuerflucht und Geldwäsche zuspielen, gäbe es die PanamaPapers nicht. Deshalb soll der Schutz dieser Insider verbessert werden. Der Europa-Parlamentarier der Grünen, Sven Giegold, fordert für sie einen neuen europäischen Rechtsrahmen. Und bis neue EU-Gesetze die sogenannten Whistleblower schützen, sollen sie die geheimen Dokumente auf einer neuen und von den Grünen initiierten Online-Plattform hochladen können. Damit der Spielraum für Geldwäscher und Steuerhinterzieher in der EU enger wird.