Nach Galeria-Schließungen Wie Mitarbeiter ihre Karriere neu ausrichten
Mitarbeitende von Galeria Karstadt Kaufhof bangen um ihre Jobs, vielen Städten droht der Leerstand. Frühere Kaufhof-Angestellte aus Essen zeigen, dass es auch nach einer Schließung eine Zukunft gibt.
Dieser Montag ist mal wieder ein Schicksalstag für die Mitarbeiter von Galeria Karstadt Kaufhof. Die Gläubigerversammlung soll darüber entscheiden, ob sie den Sanierungsplan annimmt. Für die, denen der Warenhauskonzern Geld schuldet, wäre das ein harter Schnitt: Sie müssten auf den Großteil ihrer Forderungen verzichten. Wenn sie das nicht tun, müsste Konkurs angemeldet werden, alle Filialen stünden vor dem Aus - und nicht nur die 49, deren Schließung bereits im Februar verkündet wurde.
Kaufhof-Mitarbeiter finden neue Perspektive
Regina Brdenk und Ulrich Barthel aus Essen wissen, wie sich viele ihrer ehemaligen Kollegen jetzt fühlen. Denn die beiden waren vor zwei Jahren in der gleichen Situation. Ihre Filiale in Essen wurde geschlossen, und beide dachten, das war's, mit Ende 50 finden sie keinen neuen Job mehr.
Aber sie sind inzwischen bei der Stadt Essen beschäftigt, kümmern sich im Servicecenter um Bürgeranliegen wie Kfz-Zulassungen oder Meldebescheinigungen. "Ich freue mich jeden Morgen, weil wir diese Chance bekommen haben", sagt Regina Brdenk. "Ich habe unglaublich nette Kollegen. Hatte ich vorher natürlich auch. Aber auch hier stimmt das Team, und man freut sich immer wieder, hierhin zu gehen."
Von der Schließung zum Neustart
Es ist ein Wandel im Berufsleben, den sie lange nicht für möglich gehalten hätten. Ulrich Barthel war mehr als 40 Jahre beim Kaufhof beschäftigt, zuletzt als Betriebsrat in Essen. Diese lange Berufserfahrung empfinden ihre neuen Kollegen bei der Stadt Essen als bereichernd. "Die haben das Arbeitsleben ganz anders kennengelernt, als es im Öffentlichen Dienst ist. Das ist ein sehr gute Mischung", sagt eine Kollegin.
Und auch die Personaldezernentin der Stadt, Annabelle Brandes, freut sich über die neuen Mitarbeiter, denn sie sucht händeringend Personal: "Diese Menschen sind unglaublich kommunikativ, manchmal auch konfliktfähig und bringen ein hohes Maß an Empathie mit. Und das Allerwichtigste: Sie haben viel Spaß daran, mit Menschen zu arbeiten, für Menschen zu arbeiten und sie auch in ihren Anliegen zu beraten und ihnen weiterzuhelfen."
Standortkonzepte statt Leerstand
In Essen hoffen sie, dass ihr Beispiel auch in anderen Städten Schule macht und die Mitarbeiter schnellstmöglich neue Jobs finden. Doch an vielen Standorten ist man noch nicht so weit. So demonstrierten in der vergangenen Woche in Kempten im Allgäu 50 Beschäftigte auf einer von ver.di organisierten Versammlung für den Erhalt des Kaufhof, dessen Schließung allerdings schon beschlossen ist.
In Nordrhein-Westfalen hat die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, Ina Scharrenbach, ein Fünf-Millionen-Euro-Programm aufgelegt, mit dem den betroffenen Kommunen Soforthilfe für Standortkonzepte zur Verfügung gestellt wird. Denn den Städten droht, wenn das Kaufhaus als Einkaufsmagnet verschwindet, auch Leerstand in den angrenzenden Geschäften - und damit noch mehr Arbeitsplätze, die wegfallen.
Neues Shopping-Konzept schafft Jobs
Dem haben sie in Essen bereits entgegengewirkt. Im ehemaligen Kaufhof-Gebäude entsteht eine neue Shopping-Mall mit einem Multifunktionskonzept: ein Mix aus Gastronomie und Lebensmitteleinkauf und mehreren Pop-up-Stores mit wechselnden Angeboten - und vielen neuen Jobangeboten.
Regina Brdenk und Ulrich Barthel brauchen das nicht mehr, weil sie in der Stadtverwaltung untergekommen sind. Aber sie freuen sich, dass das Ende des Kaufhofs nicht unbedingt eine Katastrophe für die Innenstädte und die Mitarbeiter bedeuten muss. Denn selbst mit Ende 50 haben sie beide noch neue, erfüllende Jobs gefunden.