
Treffen mit US-Vertretern Ukraine sieht konstruktive Gespräche in Dschidda
Im saudi-arabischen Dschidda wollen die ukrainische und die US-Regierung sich wieder annähern. Delegationen beraten über einen Waffenstillstand mit Russland. Es gibt erste positive Signale.
Ohne ihre Präsidenten Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj versuchen die USA und die Ukraine ihr zuletzt stark angespanntes Verhältnis wieder zu lockern. Auf Einladung Saudi-Arabiens haben Gespräche zwischen hochrangigen Delegationen beider Länder begonnen. Ziel der Gespräche ist, eine gemeinsame Basis für eine mögliche Waffenruhe mit Russland zu erarbeiten.
Der ukrainische Präsidialamtschef Andrij Jermak bezeichnete den Auftakt der Gespräche als positiv. Der Beginn der Beratungen sei "sehr konstruktiv" verlaufen, schrieb Jermak auf Telegram ohne weitere Details zu nennen. "Wir sind bereit alles zu tun, um einen Frieden zu erreichen", schrieb er zudem. Jermak stehen bei den Gesprächen Außenminister Andrij Sybiha und Verteidigungsminister Rustem Umjerow zur Seite.
Kehrtwende nach dem Eklat im Weißen Haus?
Das Treffen findet vor dem Hintergrund einer radikalen Kehrtwende der Ukraine-Politik der USA seit dem Amtsantritt von Präsident Trump im Januar statt. Die US-Delegation wird von Außenminister Marco Rubio angeführt. Dieser war zwar Ende Februar beim Eklat im Weißen Haus zwischen Trump, Selenskyj und US-Vizepräsident JD Vance zwar anwesend, hatte an dem Wortgefecht jedoch nicht teilgenommen. Auch Mike Waltz, Chef des Nationalen Sicherheitsrats, nimmt an den Gesprächen im Weißen Haus teil.
Drohnenangriffe, um Verhandlungsposition zu stärken?
Der Politikberater und Militärexperte Nico Lange sagte tagesschau24: "Es wäre gut, wenn das Verhältnis repariert würde, damit man dann Druck ausüben kann auf denjenigen, der ja eigentlich verantwortlich ist für diesen Krieg. Das ist Wladimir Putin." Die Abwesenheit von Trump und Selenskyj bei den Gesprächen in Dschidda sei eine Chance, "diesen negativen Ton dort herauszubekommen".
Kiew schlägt eine Waffenruhe in der Luft und zur See vor, was Russland ablehnt. Dies käme vor allem Zivilisten zugute, die immer wieder Opfer von Raketen- und Drohnenangriffen werden. Beobachter wie Lange sehen einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Vorschlag und jüngsten Drohnenangriffen auf die russische Hauptstadt Moskau, um Druck auf Russland aufzubauen: "Jetzt zeigt die Ukraine, dass sie schlagkräftig ist", sagte Lange tagesschau24.
Rohstoffabkommen noch nicht vom Tisch
Bei den Beratungen in Saudi-Arabien geht es um die Frage, ob die Ukraine zu territorialen Zugeständnissen an Russland bereit ist, um den Krieg zu beenden. Zudem streben die USA ein Abkommen mit der Ukraine über die Ausbeutung von Rohstoffen, vor allem Seltener Erden, an. "Ich glaube, wir werden diese Woche große Fortschritte machen", hatte Trump am Sonntag mit Blick auf die Gespräche erklärt.
Vor der Dschidda-Runde betonte Rubio, dass Diplomatie die einzige Lösung für den Krieg sei. Beide Seiten müssten sich darüber im Klaren sein, dass es keine militärische Lösung gebe, sagte er. Russland könne nicht die gesamte Ukraine erobern, und "offensichtlich" würde es sehr schwierig werden für die Ukraine, die Russen in einem angemessenen Zeitraum wieder dorthin zurückzudrängen, wo sie 2014 gewesen seien. Damit dürfte Rubio die international anerkannten Grenzen der Ukraine gemeint haben.
Rubio schließt informelles Treffen mit Selenskyj nicht aus
Die US-Seite werde versuchen zu verstehen, was Kiew bereit sei zu tun, um Frieden zu erreichen. Rubio deutete an, dass die Ukrainer auch wieder mehr US-Hilfe erwarten könnten, wenn die Gespräche gut verliefen. Rubio schloss ein informelles Treffen mit Selenskyj in Dschidda nicht aus. "Wir würden nicht kommen, wenn wir es nicht wären", hatte er am Vorabend der Gespräche gesagt. Selenskyj hatte am Montag den saudischen Kronprinzen Mohammad bin Salman in Dschidda getroffen.
In einer gemeinsamen Mitteilung der Ukraine und Saudi-Arabiens am Dienstag hieß es laut Staatsagentur SPA, die saudische Seite habe bei dem Treffen die Hoffnung auf einen "anhaltenden, gerechten und umfassenden" Frieden in der Ukraine ausgedrückt. Das saudische Königshaus hoffe, dass die "Krise im Einklang mit internationalem Recht und der Charta der Vereinten Nationen" gelöst werde. Es sei auch über Investitionsbeziehungen in Bereichen wie Energie, Lebensmittelindustrie und Infrastruktur gesprochen worden.
Russland bislang nicht verhandlungsbereit
Russland verfolgt die Gespräche in Dschidda nach eigenen Angaben genau. Der Kreml erhob zugleich schwere Vorwürfe gegen Kiew wegen eines massiven ukrainischen Drohnenangriffs auf die russische Hauptstadt und das Moskauer Umland in der Nacht zum Dienstag. Während die Amerikaner sich bemühten, zu vermitteln und dabei den Friedenswillen der Ukrainer auszuloten, versuchten diese, "die sich abzeichnenden Tendenzen zu verderben", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Zivile Todesopfer und zerstörte Infrastruktur durch russischen Beschuss gehören zum Alltag in der Ukraine.
Russland hat grundsätzlich Verhandlungsbereitschaft signalisiert, hält aber an Maximalforderungen fest und sieht keinen Grund zu Zugeständnissen. Neben den bereits eroberten Gebieten erhebt Moskau demnach auch Anspruch auf weitere Landstriche in der Ukraine. Peskow dementierte Berichte, wonach Russland zu einer halbjährigen Waffenruhe vor einem eigentlichen Friedensschluss bereit sei.