Fall Attila Hildmann Strafen für "Maulwürfe" in Berliner Justiz
2021 wurde der Verschwörungsideologe Hildmann vor einem Haftbefehl gewarnt. Nun sind gegen zwei ehemalige Mitarbeiterinnen der Berliner Justiz Strafbefehle wegen Geheimnisverrats erlassen worden.
Gegen zwei ehemalige Mitarbeiterinnen der Berliner Justiz sind Strafbefehle wegen Geheimnisverrats erlassen worden. Die beiden Schwestern sollen den Verschwörungsideologen Attila Hildmann vor einem Haftbefehl gewarnt haben.
Wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen sollen die ehemaligen Justizmitarbeiterinnen Geldstrafen zahlen, bestätigt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin dem Rechercheformat STRG_F (NDR/funk).
Daten über Hildmann illegal abgefragt
Eine 33-jährige damalige Mitarbeiterin der IT-Abteilung der Generalstaatsanwaltschaft Berlin soll im November 2020 Daten zu Hildmann aus dem Computersystem der Behörde abgerufen haben. Sie soll dann eine Aufstellung von gegen ihn laufenden Verfahren und weitere Informationen an den Rechtsextremisten Hildmann weitergeleitet haben. Im Februar 2021 soll sie dann Hildmann und eine weitere Person über einen gegen Hildmann erlassenen Haftbefehl informiert haben.
Gegen Hildmann wird wegen Volksverhetzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und zahlreicher weiterer Straftaten ermittelt. Der vormals als veganer Kochbuchautor bekannte Hildmann hatte sich während der Corona-Pandemie radikalisiert und verbreitet seitdem radikal-antisemitische Propaganda. Nach Hildmann, der sich inzwischen in der Türkei aufhält, wird nach wie vor gefahndet.
Über das Datenleck in der Behörde hatte STRG_F 2021 berichtet. Für die 33-Jährige, die sich damals nicht zu den Vorwürfen äußern wollte, hat die Staatsanwaltschaft nun beim Amtsgericht Berlin-Tiergarten einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen zu je 15 Euro, also insgesamt 2700 Euro, erwirkt.
Im Querdenker-Umfeld aufgefallen
Die damalige Systemadministratorin der Generalstaatsanwaltschaft war im Mai 2021 in den Fokus der Ermittlungen geraten. Sie war zuvor mehrfach bei Polizeieinsätzen aufgefallen, unter anderem im Umfeld eines Aktivisten der Querdenken-Szene. Bei der anschließenden Überprüfung stellte sich heraus, dass die IT-Mitarbeiterin unberechtigt Daten von Personen aus der rechtsextremen und der Querdenken-Szene abgerufen hatte. Zunächst war auch wegen versuchter Strafvereitelung ermittelt worden, dieser Vorwurf bestätigte sich laut Staatsanwaltschaft jedoch nicht.
Auch die Schwester der IT-Mitarbeiterin soll Hildmann über den Haftbefehl informiert haben. Die 35-Jährige arbeitete für die Staatsanwaltschaft Berlin und war laut Behörde "mit dem Kopieren von Akten betraut". Sie soll den auf rotem Papier gedruckten Haftbefehl abfotografiert und an Hildmann geschickt haben. Für die ältere Schwester beantragte die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 50 Euro, also 3500 Euro. Beide Schwestern wurden aus dem Justizdienst entlassen.
Die beiden Beschuldigten waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die Strafbefehle sind noch nicht rechtskräftig. Wenn die Beschuldigten Einspruch einlegen, käme es zu einem Prozess. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten bestätigt die Verfahren auf Anfrage.